Ute Groth: Gestalten statt verwalten

Bild Ute Groth + Logo DJK Tusa Düsseldorf

Lange Zeit hatte Ute Groth kein Bedürfnis, sich in einem Sportverein zu engagieren. Doch nach einem Schlüsselerlebnis bei einem Vereinsausflug änderte sich dies. Nachdem sich  kein neuer Vereinsvorstand für die DJK TUSA Düsseldorf finden ließ, entschloss sie sich kurzerhand den Vorsitz  zu übernehmen. Keine leichte Aufgabe, denn der Verein war rein ehrenamtlich geführt und das bei 1.400 Mitgliedern. Mittlerweile hat ihr Verein den Schritt zum Hauptamt gewagt – ausgelöst durch einen Impuls von außen. Für seine Vereinsarbeit hat die DJK TUSA Düsseldorf jetzt sogar den Zukunftspreis gewonnen.

Hallo Ute, wie kamst du zur DJK TUSA Düsseldorf? 

Mein Mann war ehrenamtlicher Trainer bei einem Fußballverein. Als wir dann einen Sohn bekommen haben, hat dieser natürlich auch irgendwann angefangen im Verein zu spielen. Zuerst hat mich das total genervt, dass die beiden am Wochenende immer weg waren und ich mit unserer Tochter daheim. Ich hatte aber auch keine Lust mitzufahren. Irgendwann wurden wir dann auf eine Vereinsfahrt mitgenommen. Wir hatten alle zwei Jahre einen Austausch mit einem englischen Verein. Auf dieser Fahrt habe ich gemerkt, dass Fußball auch Sozialarbeit ist und man den Kindern und Jugendlichen viel mitgeben kann. Danach habe ich mich dann auch in den Verein eingebracht und zum Beispiel bei der Organisation der Austausche oder der Pressearbeit geholfen. 

Wie kam es dann dazu, dass du Vorstandsmitglied wurdest? 

Der alte Vorstandsvorsitzende wollte sein Amt niederlegen und es fand sich niemand, der nachfolgen wollte. Sie haben dann unter den Mitgliedern in den Kreisen von Anwälten und Steuerberatern geschaut, aber niemand hat sich bereiterklärt, das Amt zu übernehmen. Bei der Jahreshauptversammlung bin ich dann einfach aufgestanden und habe gesagt: „Ich stell mich zur Verfügung.“ Das war 2008 und seitdem bin ich Vereinsvorsitzende. 

In einem anderen Artikel hast du geschrieben, dass ihr als Verein sehr viele Projekte im Kopf hattet, diese aber nicht umsetzen konntet. Wieso? 

In der Theorie ist es so, dass es für Sportvereine viele Möglichkeiten gibt, gefördert zu werden. Wir haben zum Beispiel einmal an einem größeren Förderprogramm teilgenommen, bei dem wir Sport in Altenheimen angeboten haben. Bevor man jedoch die Förderung erhält, muss man eine Projektskizze erstellen und dann den Förderantrag einreichen. Alleine das Antragsverfahren ist schon sehr aufwendig. Dann haben wir das Projekt durchgeführt und mussten es parallel dazu  dokumentieren und im Anschluss evaluieren. Es war so viel Aufwand, dass wir danach gesagt haben: „Einmal und nie wieder!“. 

Und das konntet ihr ehrenamtlich nicht leisten? 

Genau, Aufwand und Nutzen standen in keiner Relation, vor allem da wir alle Vollzeit berufstätig waren. Wir haben uns dann dazu entschlossen, nur noch sehr kleine und einfache Förderungen in Anspruch zu nehmen, wenn überhaupt. Zwei unserer Mitglieder im Vorstand waren immerhin freiberuflich tätig und hatten so die Möglichkeit auch mal tagsüber z.B. mit Ämtern zu telefonieren. Für das Förderprojekt war dies unerlässlich, z.B. für die Gespräche mit den Altenheimen. In einem normalen Anstellungsverhältnis könnte man das dem Arbeitgeber nicht zumuten.

War das der Auslöser, dass ihr euch für eine hauptamtliche Angestellte entschieden habt? 

Nein. Über den DJK-Sportverband hatten wir Kontakt zu  einem großen Verein in Köln. Dieser Verein hat immer davon erzählt, dass sie einen Geschäftsführer in Vollzeit haben und an sehr vielen Förderprogrammen teilnehmen können, so dass sich der Verein fasst nur darüber finanzieren kann. Wir haben darüber immer nur gestaunt, fingen aber an, uns mit dem Gedanken zu beschäftigen.

Was war dann schlussendlich der Knackpunkt, dass ihr ebenfalls den Schritt gewagt hat? 

Es war eher ein schleichender Prozess. Wir arbeiten als Verein viel mit anderen Vereinen zusammen und schauen, wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Wir hatten dann gemeinsam mit einem anderen Verein wegen eines Projektes einen Termin beim Sportamt und Stadtsportbund Düsseldorf. Im Laufe des Gesprächs haben die Mitarbeiter  uns informiert, dass es ein Förderprogramm für kooperierende Vereine in Düsseldorf gibt, um eine hauptamtliche Geschäftsführung zu schaffen. Wir waren sofort begeistert von der Idee. 

Wie ging es dann weiter? 

Der andere Verein ist leider abgesprungen, weil sie Zweifel daran hatten, dass eine Person für zwei Vereine arbeiten kann. Der Stadtsportbund hat uns mit dem Hinweis dass unsere Mitgliederzahl und unsere Kooperationen mit anderen Vereinen, Schulen und Kindergärten durchaus für einen positiven Bescheid reichen kann, weiter unterstützt. Wir wurden als förderungswürdiger Verein eingestuft und somit eine hauptamtliche Stelle gefördert. Auch wenn es die Idee unterbewusst bei uns schon gab: Ausschlaggebend war am Ende der Impuls von außen, damit wir Hauptamt installieren. 

Wie viel Geld wurde euch zur Verfügung gestellt? 

Das ist gestaffelt. Die Förderung läuft über drei Jahre und im ersten Jahr bekommen wir 10.000€, im zweiten Jahr 6.000 € und im dritten Jahr dann noch 3.000€. 

Nicht genug Geld, um die Stelle ausschließlich dadurch zu finanzieren. 

Richtig, deswegen mussten wir die Mitglieder bei der nächsten Mitgliedsversammlung davon überzeugen, die Mitgliedsbeiträge etwas anzupassen. Das Ziel ist es, langfristig die Stelle selbstständig finanzieren zu können. 

Waren die Mitglieder schnell überzeugt? 

Es war zwischenzeitlich eine ziemliche Auseinandersetzung. Es kamen Argumente wie „Wieso brauchen wir denn auf einmal eine hauptamtliche Person? Früher ging es doch auch ohne.“ Doch am Ende konnten wir die zweifelnden Stimmen überzeugen und den Beitrag anpassen. Mittlerweile sind die Kritiker*innen auch vollends überzeugt und sehr glücklich, dass es eine Vollzeit-besetzte Geschäftsstelle gibt, an die sie sich jederzeit wenden können. 

Von wie viel auf wie viel habt ihr eure Beiträge erhöht? 

Das lässt sich so pauschal nicht sagen, weil wir je nach Sportabteilung gestaffelte Beiträge haben, zusammengesetzt aus Grundbeitrag und Abteilungsbeitrag. Im Schnitt hat sich der Beitrag für Erwachsenen um ca. 25 € im Jahr erhöht, so dass wir bei 160-200 € (Kinder 100-150 €) im Jahr sind. Wir mussten das aber wirklich auf den Wochenbeitrag runterbrechen und klar machen, dass es pro Woche kaum mehr als ein Bier in der Vereinskneipe mehr kostet. 

Welche Argumente wurden gegen die Erhöhung vorgebracht? 

Gerade die Erhöhung der Kinderbeiträge wurde kritisch gesehen, weil die Angst bestand, dass die Eltern sich diese nicht mehr leisten können. Aber bei uns im Verein gab und gibt es Sozialbeiträge, auf die Personen zurückgreifen können, die sich den „normalen“ Beitrag nicht leisten können. 

Welchen Tipp würdest du anderen Vereinen geben, die die Beiträge ebenfalls erhöhen wollen? 

Vorbereitung ist das A&O. Sich vorher schon zu überlegen, welche Zweifel aufkommen könnten und wie man diese widerlegt und nötige Zahlen und Fakten vorzubereiten. Gerade bei einer Mitgliederversammlung sind viele Personen da, die selbst ehrenamtlich aktiv sind und entsprechend nachvollziehen können, wie viel Arbeit im Verein steckt. 

Wieso habt ihr euch dafür entschieden, die Stelle mit Anke zu besetzen?

Anke ist schon seit Jahren ehrenamtlich in unserer Fußballabteilung sehr aktiv. Und die Tätigkeit hat ihr soviel Spaß gemacht, dass in ihr der Wunsch reifte, das zum Beruf zu machen. Sie hat dann auch die Ausbildung zur Vereinsmanagerin durchlaufen, was eine Voraussetzung für die Einstellung war. Da wir sie bereits aus der Arbeit im Verein als Organisations- und Kommunikationstalent kannten und sie mit den Strukturen des Vereins vertraut war, war es für uns keine schwere Entscheidung. Und wie sich herausstellte: Ein Glücksgriff. 

Du meintest mal „Durch die Stelle wird das Ehrenamt entlastet und es kann gestalten statt verwalten“. Wie sieht für dich die Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt aus? 

Durch das Hauptamt wurden vor allem Strukturen geschaffen, die das Ehrenamt vorher nicht schaffen konnte. Wichtige Unterlagen lagen zum Beispiel bei verschiedenen Ehrenamtlichen verstreut, statt – wie jetzt – gesammelt an einer Stelle im Geschäftszimmer im Verein. Wir haben nun eine Person, die den Überblick hat und weiß, wer für was die richtige Ansprechperson ist. Sie kann Anfragen von Mitgliedern besser beantworten und auch mal Arbeitsgruppen einberufen und koordinieren. Das sind alles Sachen, die wir als Ehrenamtliche nun nicht mehr leisten müssen. Stattdessen können wir uns als Vorstand wieder mehr auf die Vereinsentwicklung konzentrieren, Konzepte entwickeln und Anke unterstützt uns bei der Umsetzung. Dadurch werden auch mehr Vereinsmitglieder ermutigt, neue Ideen einzubringen. 

Viele Vereine leiden momentan unter der Pandemie. Konnte eure hauptamtliche Mitarbeiterin einen Beitrag dazu leisten, dass ihr krisenfester als Verein seid? 

Ja, tatsächlich sind unsere Mitgliedszahlen auch seit der Pandemie weiterhin steigend. Zudem konnten wir durch Anke sehr zügig ein Hygienekonzept erarbeiten und umsetzen. Mit den ersten Lockerungen haben wir ein Buchungssystem für unsere Anlagen eingeführt und konnten so als einer der ersten Vereine in Düsseldorf wieder öffnen. 

Gab es noch weitere positive Effekte durch das Hauptamt? 

Ja, wir können jetzt zum Beispiel Praktikant*innen aus Schulen aufnehmen, die sich nun den Alltag in einem Verein anschauen können oder auch FSJ’lLer*innen einstellen, die uns in der sportlichen Arbeit unterstützen.  Unser FSJ’ler hat während der Lockdowns zum Beispiel Online-Trainingseinheiten durchgeführt. Ohne einen täglichen Ansprechpartner auf der Vereinsanlage wäre das undenkbar, ohne Hauptamt, wäre das für uns alles schwer bis gar nicht möglich gewesen.  

Vielen Dank für das Interview! 


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