SV Großefehn: Mehr als ein Sportverein

Bis vor kurzem war der SV Großefehn nur wenigen Menschen außerhalb Ostfrieslands bekannt. Doch das änderte sich, als der Verein während der Corona Pandemie die Idee des sozialen Jahresplans entwickelte und seitdem zahlreiche Projekte durch verschiedene Aktionen unterstützt. Selbst Weltmeister Philipp Lahm war von der Initiative begeistert und agiert seit kurzem als Schirmherr. Im Interview mit Klubtalent erzählt der sportliche Leiter Tamme Bölts mehr über den Jahresplan, die Kraft des Sports und Vorbildfunktionen.

Hallo Tamme, was macht den SV Großefehn als Verein aus?

Wir bieten als Verein in unserer Gemeinde für alle Altersklassen (von Kinderturnen und Bambini-Fußball bis Seniorengymnastik) die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen und darüber hinaus die Sportstätten bei Veranstaltungen (Tag des Fußballs, Vereinsfest) als sozialen Treffpunkt zu nutzen.

Und was ist für dich das Besondere am Breitensport?

Das Beste am Amateursport ist, dass man Erfolge gemeinsam in einer Gruppe erleben kann, die einem wirklich verbunden ist. So wird der Erfolg zum Erlebnis. Zudem ist beim Amateursport die soziale Komponente stärker verankert, die wir mit dem sozialen Jahresplan nun noch mehr in den Vordergrund rücken wollen.

Du hast es gerade angesprochen: Was ist der soziale Jahresplan?

Mit dem Jahresplan möchten wir als SV Großefehn jeden Monat eine Aktion zu Gunsten des Vereins machen. Zum Beispiel verkaufen wir Chroniken, Stadionbecher, Sondertrikots oder Einladungen zum Helfer-Frühstück und möchten so jeden Monat auch einen anderen guten Zweck verfolgen. Die Hilfen für andere sind dabei bewusst breit gefächert – von Hilfen für eine konkrete Familie in der Gemeinde bis hin zur Übernahme einer Dorfpatenschaft bei SOS Kinderdörfer. So soll das Vereinsleben vielfältiger gestaltet, durch gutes Beispiel zum engagierten Ehrenamt animiert und auch Gutes in anderen sozialen Bereichen des Lebens vollbracht werden.

Das klingt toll. Wie kam es zu der Idee?

Durch die Corona-Pandemie mussten wir die zwei aufwendig vorbereiteten Veranstaltungen „Tag des Fußballs“ und ein Vortrag des Beachvolleyball-Olympiasiegers Jonas Reckermann zum Thema „Mit Werten zum Erfolg“ absagen. Nach einer kurzen Phase des Bedauerns war die Reaktion bei einigen beim SV Großefehn, dass man fortan mehr statt weniger tun müsse. So ergab sich eine Arbeitsgruppe von vier Personen, die für verschiedene Aktionen immer wieder auch Hilfe von anderen Menschen aus dem Verein erhält. Beide genannten Aktionen sind nun an einem anderen Datum auch im Jahresplan enthalten.

Speziell angefertigte Stadionbecher.

Welche anderen Projekte habt ihr bisher umgesetzt?

Für den Verein konnten wir bislang den Verkauf von Sondertrikots, Stadionbechern und Chroniken umsetzen. Die Chroniken enthalten alle Werbeanzeigen, die normalerweise in der Stadionzeitung der Fußball-Sparte enthalten sind, ohne Kosten für die Firmen. Zudem erhielten diese Werbepartner ein Gratis-Exemplar. So konnten wir erreichen, dass bis auf zwei der über 70 Firmen dieses Engagement fortführen.

Im sozialen Bereich haben wir neben einer direkten finanziellen Hilfe aus den Mannschaftskassen der drei Herren-Fußallteams einen Arbeitseinsatz im ostfriesischen Tierpark umgesetzt. Ein perfekter Start. Nachdem unser ehemaliger Mitspieler und Schwiegersohn der Namensgeberin von „Birgits Tiergarten“ uns herzlich empfangen und zum Dank bewirtet hat, kam aus den Reihen der Spieler, dass sie im nächsten Jahr wieder kommen wollen. Im August setzten wir eine Registrierungsaktion für die DKMS mit Hilfe von Rollo Fuhrmann und Roland Evers von SKY um.

Im September erfolgte ein Aufruf zur Kleiderspende für die Organisation „A smile for Togo“ und in diesem Monat werden wir die Übernahme einer Dorfpatenschaft in Mombasa, Kenia über SOS Kinderdörfer verkünden, die bereits seit Juni läuft.

Und wie ist eure Vorgehensweise?

Wir haben uns bereits im März/April über die Möglichkeiten unterhalten, uns in den verschiedensten Bereichen einzusetzen. Wir haben abgewogen, wo wir Hilfe für dringend nötig halten, wo wie beim Tierpark, bei der Familie in der Gemeinde oder auch über einen Spieler von uns zur Organisation in Togo Verbindungen bestehen und was in diesen Zeiten weitreichend umzusetzen ist.

Die Hilfeempfänger haben wir dann allesamt proaktiv kontaktiert. Alle haben ausnahmslos voller Dankbarkeit die Zusammenarbeit aufgenommen. Somit besteht der Plan schon durchgehend, die aktuelle Arbeit besteht noch aus Auffrischung und konkreter Absprache der Vorgehensweisen. Da wir aber immer wieder den Plan aufgrund  der aktuellen Bestimmungen anpassen müssen, sind wir jederzeit auch für Ergänzungen offen.


Wie waren die Reaktionen auf die Idee?

Innerhalb des Vereins gab es ausschließlich positive Resonanz. Zwar bildete sich mit drei Spielern der 1. Fußballherren und dem Sportlichen Leiter nur ein kleiner Arbeitskreis, mit der Entwicklung des Jahresplans und den messbaren Erfolgen (u.a. 2500 Euro Soforthilfe für die Delfintherapie des behinderten Jungen aus der Gemeinde) wächst aber die Zustimmung und auch die Bereitschaft Einzelner, sich mehr einzubringen.

Du meintest, bisher seid ihr eher proaktiv auf Einzelne zugegangen. Kann man sich denn bei euch auch als „ Projekt bewerben“, damit ihr unterstützt?

Da wir für Ergänzungen des Plans offen sind, kann man uns auch über Dritte gerne kontaktieren. Dies kann über die offiziellen Kanäle des Vereins laufen, die Anfrage landet dann schnell bei unserer Arbeitsgruppe.

Wie finanziert ihr die Umsetzung eurer Projekte?

Investitionen wie die Anschaffung der Stadionbecher oder auch für die Herstellung der „Wall of Fehn“ (Bande über mehrere Meter am Kabinentrakt), auf der alle Mitglieder und gewerblichen Unterstützer verewigt werden, die in Zeiten von abgemindertem Sportangebot und finanziellen Einbußen die Treue gehalten haben, werden vom Vereinskonto bezahlt. Dies stellt kein Problem dar, da durch die konkrete Vorbereitung aller 12 Monate abzusehen ist, dass letztlich ein deutliches Plus für den Verein erwirtschaftet wird. Mit diesem können dann hoffentlich der Wegfall von Bandenwerbung und andere Einschnitte ausgeglichen werden.

Philipp Lahm unterstützt den sozialen Jahresplan


Selbst der DFB hat eure Idee vorgestellt und Philipp Lahm hat dafür geworben. Wie kam es dazu?

Philipp Lahm haben wir kontaktiert, als wir um zwei signierte Exemplare seiner Biografie für die Tombola beim Tag des Fußballs im Winter gebeten haben. Schnell kam die Bitte von seiner Seite, zu telefonieren. Im Telefonat wurde dann klar, dass er sich deutlich mehr einbringen möchte, weil er unser Engagement schätzt. Er ist nun Schirmherr des Jahresplans. Das Vorwort der Vereinschronik ist von ihm, er signiert Sondertrikots, spendet persönliche Gegenstände aus seiner Karriere und meldet sich immer mal wieder per Videobotschaft. Mit seinem Team stehen wir in wöchentlichem Austausch.

Der DFB ist einfach auf unsere Idee aufmerksam geworden, die auch schon in den Zeitschriften 11 Freunde und SportBild vorgestellt wurde. Auch der Dachverband fand es berichtenswert, was wir angehen.

Wollt ihr auch über das Jahr 2020 / die Corona Pandemie aktiv bleiben? Und was sind noch Ziele von euch?

Zum Abschluss des Jahresplans wollen wir etwa 10.000 Euro für den Verein generiert haben. Vielleicht ist es dann sogar möglich, besser dazustehen als vor der Pandemie. Statt Einsparungen könnten dann kleinere Investitionen in die Sportstätten und die Jugendarbeit möglich sein.

Zudem wollen wir jede soziale Aktion für uns zufriedenstellend umsetzen. Wir setzen uns deshalb vor jedem Monat klar definierte Ziele. Da die Hilfen so unterschiedlich geartet sind, kann man diese Ziele jedoch nicht pauschalisieren.

Wichtig ist uns auch, dass wir mit diesem guten Beispiel mehr Bereitschaft zum Ehrenamt in unserem Verein wecken, um Verantwortungen breiter zu verteilen und auch in Zukunft ein kreatives Vereinsleben gewährleisten zu können.

Einige Hilfen, wie der Arbeitseinsatz im Tiergarten oder die Dorfpatenschaft, werden aber definitiv fortgeführt.

Wollt ihr als SV Großefehn mit eurer Idee Vorbild sein?

Wir vom Arbeitskreis wollen zunächst einmal Vorbild in unseren eigenen Reihen sein. Wenn ein Jugendspieler für sich privat eine Art des sozialen Einbringens durch uns für sich neu entdeckt, wäre das ein riesiger Erfolg.

Wenn dann auch andere Vereins einige Ideen übernehmen, freuen wir uns. Es ist so einfach, als Verein mit mehreren Hundert Mitgliedern z.B. eine Dorfpatenschaft zu übernehmen und dort zu helfen, wo auch aktuell Hilfe noch dringender ist als bei uns.

Es ist nicht kompliziert. Wenn man Bereitschaft zur Hilfe signalisiert, wird einem von Beginn an viel Dankbarkeit und Tatkraft für die Umsetzung entgegengebracht. Wir haben bislang schon viele schöne Momente für uns aus dieser Arbeit ziehen können.

Vielen Dank fürs Interview Tamme!


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