Was Vereine von Startups lernen können

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Es fehlt meist an Geld, Zeit und tiefgründigem Wissen. Für die Arbeit wird man selten “angemessen” mit Geld entlohnt, stattdessen steht das Herz und der Glaube an das große Ganze im Vordergrund. Das kommt wohl jedem Ehrenamtlichen bekannt vor, ABER auch jeder Existenzgründerin. Egal ob Verein oder Startup-Unternehmen: Beide kämpfen mit den gleichen Herausforderungen.

Gerade jetzt aber schaffen Start-Ups, was der Vereinslandschaft immer mehr abhanden kommt.

Sie sind gefragt wie nie, in der Wirtschaft, in der Politik, in der Gesellschaft. Die Bundesregierung legt Förderpakete für die Finanzierung von Startups auf, Großkonzerne möchten mit ihnen zusammenarbeiten und von ihnen lernen und wer im Trend sein will, arbeitet nicht jahrzehntelang für den guten alten Großkonzern (“gähn”) sondern zieht im jungen Startup mit Jeans und T-Shirt die Strippen. Tischkicker inklusive.

Was also machen Startups anders? Und was können Vereine von ihnen lernen? Wir haben ein paar Klischees auseinandergenommen.

Start-Ups interessiert “es hat aber schon immer so funktioniert” eher nicht so

Die Wirtschaft befindet sich im digitalen Wandel und die deutschen Gerichte haben viel zu tun. Denn: “alte” Branchen versuchen sich verzweifelt gegen neue Ideen und Entwicklungen von Startup-Unternehmen zu wehren.

So wehrt sich die deutsche Hotellobby gerichtlich gegen das bereits milliardenschwere Online-Portal AirBnB, bei dem Menschen ihre Privatunterkünfte einfach per App an Reisende oder Stadtbesucher kurzzeitig vermieten können.

Daimler-Chef Zetsche muss sich immer öfter rechtfertigen ob er sich vor Apple und dem Internetunternehmen Google fürchte, welches derzeit dabei ist, selbstfahrende Autos zu produzieren. Wer hätte gedacht, dass sich das auf Suchmaschinen spezialisierte Unternehmen einmal in diesen Bereich wagt?

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Beitrag aus dem manager magazin vom 29.09.2014, abrufbar hier.

Beschweren dürfen sich die Branchen eigentlich nicht, denn sie hätten selbst auf diese Ideen kommen und umsetzen können. Schließlich haben die Startups nur Märkte besetzt, die vorhanden waren, aber eben von noch keinem anderen besetzt wurde.

Die Medien fassen dies so zusammen: in Deutschland ist der Mittelstand mit der Digitalisierung im Verzug und verliert zunehmend den Anschluss. “Viele Mittelständler hadern mit der Digitalisierung oder verkennen noch ihre Bedeutung. Das könnte sich schon bald rächen”, so Experten auf n-tv.de.

Dabei haben die Startups ihre Kunden nur dort gefunden, wo diese sich gerade aufhalten: im Internet.

Der Mittelpunkt von allem: Der Kunde

Auch die Sport- und Fitness-Branche ist nicht vor Veränderungen gefeit. Bestes Beispiel: die Fitness-App Freeletics. Innerhalb von nur zwei Jahren haben drei Studenten ein millionenschweres Unternehmen aufgebaut.

Wie die drei jungen Männer das vor den großen Fitness-Studio-Ketten herausgefunden haben? Sie haben sich einfach ihre potentiellen Kunden angeschaut. Erkenntnis:  “Wir wollten eben ein Fitnesskonzept, das an die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts angepasst ist. Viele Menschen haben nicht mehr die Zeit, zweimal die Woche zum Sportverein oder ins Fitnessstudio zu fahren. Mit dem Programm können sie mit wenig Zeitaufwand das Maximale rausholen, denn unsere Übungen sind sehr effektiv, und trainieren kann man überall. ” Deswegen nutzt die App für ihre Übungen auch nur das eigene Körpergewicht und facebook-Gruppen als Motivationsgrundlage. Sie sind dort, wo auch ihre Kunden sind: in den sozialen Netzwerken, auf dem Smartphone.

Da die technologischen Entwicklungen so schnell vorangehen sind Startups eigentlich die ganze Zeit damit beschäftigt, mit ihren Kunden zu sprechen, denn: Klassische Startups bringen meist ein neues Produkt auf den Markt und wissen deshalb vorher nicht, ob dieses überhaupt gekauft wird. Funktioniert das Produkt nicht schnell genug kann es sein, dass das Startup ein komplett anderes Produkt, Dienstleistung und damit eine andere Einnahmequelle setzen muss. Schnell ist hierbei das Stichwort, denn: kommt nicht schnell genug Geld in die Kasse, überlebt die Firma nicht. Das Geschäftsmodell wird also andauernd hinterfragt, z.B. mit Kunden-Interviews, Meinungsumfragen oder durch das Lesen der Meinungsausrufe in den Social Media-Kanälen.

Damit besonders schnell und günstig Rückmeldung von den Kunden kommt,  hat Freeletics nicht etwa als App gestartet. Statt dessen wurden Trainingspläne einfach per PDF versendet und auf einer Standard-Webseite beworben. Ein Tipp vom Gründerteam: “Seid Euch nicht zu scheu, unperfekte Produkte auf den Markt zu bringen“, schreibt Joshua Cornelius im Rückblick auf diesen Schritt. „Unsere ersten bezahlbaren Freeletics-Produkte waren PDF-Trainingspläne. Runtergeschrieben an 3 Tagen. Angeboten mit einem Standard-SaaS-Shopsystem. Wir waren alles andere als stolz darauf.“

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Über eine Shopify-Seite verkauften die Gründer zu Anfang über Freeletics.com drei Trainings-PDFs (Screenshot: Archive.org)

Eine halbe Millionen Euro Umsatz haben diese PDFs  ihnen immerhin alleine im ersten Jahr beschert. Da hat sich das Testen gelohnt.

Start-Ups probieren ständig Neues aus – auch wenn es bedeutet, dass sie ab und an mal scheitern

“Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Und nicht der Stärkste überlebt, sondern der, der sich am besten an seine Umwelt anpassen kann.“

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Aussage von Charles Darwin zur Überlebensfähigkeit einer Gattung

Dies wusste auch schon Darwin und genau aus diesem Grund erfinden sich Startups immer wieder neu, stehen neue Ideen und Entwicklungen andauernd auf dem Prüfstand. Ein bekanntes Beispiel ist Suchmaschinen-Gigant Google.

Denn was so gut wie keiner weiß: “Das Unternehmen wird vor allem für seine Erfolge wahrgenommen, für seine Suchmaschine, sein Mailprogramm, seine riesigen Gewinne. Aber auch die Liste der Fehlschläge des Konzerns ist umfangreich, da seine mehr als 20.000 Mitarbeiter ständig Neues aushecken und Google Ideen im Gegensatz zu vielen anderen Firmen auch als Frühgeburten aussetzt.“ Der Titel des Artikels von zeit.de: Scheitern als Geschäftsmodell.

Der Erfolg aber gibt Google recht. Das Unternehmen hat erkannt: Nichts ist so beständig wie der Wandel.

Spielend motivieren: Startups haben eine neue Unternehmenskultur der flachen Hierarchien

Wie bei Vereinen müssen eben auch Gründer die richtigen Mitstreiter von ihrer Idee und ihrem Unternehmen überzeugen, und davon, für wenig oder gar kein Geld, sehr, sehr, sehr, sehr viel zu arbeiten. Und sie schaffen es auch. Selbst in Zeiten des Mindestlohns wollen viele Menschen lieber für wenig Geld in einem Startup arbeiten, und das, obwohl die jungen Unternehmen gegen große Konzerne konkurrieren, die sich gute Mitarbeiter leisten und auch entsprechend bezahlen können.

Dabei setzen Startups genau bei der Kultur an, die sich auch für Ihr Produkt anwenden. Was wollen meine Kunden, in diesem Fall: meine Mitarbeiter? Was können wir diesen bieten, was ein großer Konzern (oder Sportclub) nicht bieten kann?

Und die Generation Y, so wird die heutige Generation genannt, will vor allem sich selbst verwirklichen, Spaß haben, mit Gleichgesinnten arbeiten: die wichtige Schraube im Glied zu sein, die Möglichkeit, Ideen zu verwirklichen, ohne dass erst 10 Managemenstufen unterschreiben, ein Team, dass während der Arbeit auch mal Tischtennis oder Tischkicker spielt, bei der auf gleicher Ebene kommuniziert wird, bei der man etwas bewegen kann. „Die neuen Chefs: Spielend regieren” tituliert das Magazin t3n.

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Titelblatt der aktuellen t3n Nr.39, abgerufen auf t3n.de

Alleine schon eine Geste von zwei der großen Startups, facebook und AirBnB zeigen diese Veränderung in der Arbeitswelt. Beide sitzen im Großraumbüro mit ihren Mitarbeitern zusammen und zeigen: ich bin einer von euch. Für Machtspiele und Ellenbogenmentalität haben wir schlicht und einfach keine Zeit.

FAZIT:

Es ist nicht nur ein neues digitales Zeitalter angebrochen, sondern auch eine damit anders denkende Generation.  Auch wenn Vereine seit Jahrhunderten mit den selben Einnahmen Geld verdienen (Mitgliedsbeitrag, Einnahmen über Sponsoring etc.) zeichnet sich ab, dass sie nun mit großen Änderungen zu kämpfen haben. Schafft der Verein der Zukunft noch so viel Mehrwerte, dass ihre Kunden, die Mitglieder, dafür Mitgliedsbeitrag zahlen? Ist das Vereinsmodell überhaupt noch zeitgemäß oder trainieren in Zukunft alle nur noch mit Apps (siehe Freeletics)? Zahlen die Unternehmenskunden der Vereine, die Sponsoren, in Zukunft überhaupt noch für das Logo auf dem Trikot oder auf der Bande, wenn die Werbebranche zunehmend ins Internet abwandert und nur noch nach “Klick” oder nach “Kauf” vergütet wird?

Möchte man das Vereins-Mitglied und die Ehrenamtlichen der Zukunft erreichen, wird „wir machen so weiter, wie bisher, weil es schon immer so funktioniert hat“ eben nicht mehr funktionieren.


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