• Fabian Kirst: Nur wer sich verändert, bleibt sich treu!

    „Wenn ihr ein Ziel habt, gebt nicht auf, sondern verfolgt es. Seid dabei aber flexibel und innovationsbereit.“

    Nach der Beendigung seines Studiums hat Fabian einen Job als Projektleiter bei der Rollstuhlsportgemeinschaft (RSG) Hannover angefangen. Schon als Jugendlicher wollte der sportbegeisterte 25-Jährige im Verein arbeiten. Der Weg dorthin war jedoch alles andere als gradlinig. Im Interview erzählt er über seine eigene ehrenamtliche Laufbahn, seine Jobsuche und welchen gesellschaftlichen Wert der Sport in seinen Augen hat. 

    Hallo Fabian, nach deinem Schulabschluss hast du dich für ein duales Sportmanagementstudium entschieden. Wieso? 

    Während meiner Schulzeit bestand fast mein ganzes Leben aus Sport. Ich habe selbst Handball gespielt und verschiedene Ehrenämter begleitet. Ich habe Kinder trainiert und war zudem Fußball-Schiedsrichter und Schiedsrichter-Obmann. Daher wollte ich gerne mein Hobby zum Beruf machen, auch wenn ich vielleicht etwas naiv dachte, ein Sportstudium bedeutet, wir reden den ganzen Tag über unsere Lieblingsvereine und welche Spieler wir transferieren würden. So sah das Studium dann doch nicht ganz aus, sondern es steckten auch komplexe betriebswirtschaftliche Strukturen dahinter. 

    Trotzdem hast du einen Master ohne Sportbezug gemacht. Wie kam es dazu?

    Ich hätte auch im Master weiterhin gerne einen Sportbezug gehabt. Da ich jedoch dual studiert habe, war das leider nicht so einfach, da mir für die meisten Studiengänge Credit Points gefehlt haben, vor allem im sportwissenschaftlichen Bereich. Daher habe ich mich für ein allgemeines betriebswirtschaftliches Studium entschieden. 

    War für dich auch nach dem Master weiterhin klar, dass du gerne im Sport arbeiten möchtest?

    Mein Ziel war es immer, nach dem Studium im Sport zu arbeiten. Wenn man fast seine gesamte Freizeit im Sport verbringt, dann überlegt man natürlich: Wie bringe ich das, was mir Spaß macht, mit dem zusammen, was mir abends mein Brot auf den Tisch bringt? Und hier finde ich den Ansatz von Klubtalent spannend: Dass man Menschen, die Lust darauf haben und auch entsprechend qualifiziert sind, die Möglichkeit gibt, in ihrem Verein zu arbeiten. Das war immer mein Plan: Ich wollte für das, was ich gerne in meiner Freizeit mache, bezahlt werden. Im Zuge der Coronapandemie hatte ich mich aber zwischenzeitlich von der Idee verabschiedet. 

    Wie waren deine Erfahrungen bei der Jobsuche?

    Der Sportmarkt und entsprechend der Sportjobmarkt sind sehr klein. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es dort viel Auswahl gab, sondern das Stellen sehr rar sind. Auf die einzelnen Stellen kommen entsprechend viele Bewerbungen. 

    Meinst du, es würden viele Menschen in einem Verein arbeiten wollen?

    Ich glaube, es geht vielen ähnlich wir mir. Ich kenne auch einige Leute, die super viel ehrenamtlich machen und höchstens eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen. Hier muss sich der Sport hinterfragen, ob er nicht mehr Jobs schaffen will, damit eben genau solche engagierten Menschen eine Chance gegeben wird. Davon profitieren nicht nur die Menschen, sondern auch der Sport. 

    Was glaubst du, woran es liegt, dass es trotzdem so wenige bezahlte Stellen im Sport gibt?

    Ich glaube, im Sport gibt es noch eine große Diskrepanz zwischen Traditionalisten und Professionalisierung. Auf der einen Seite sehen wir Sportvereine und -verbände, die sehr professionelle Strukturen geschaffen haben und viel mit dem Hauptamt arbeiten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Vereine, die an alten Strukturen festhalten, frei nach dem Motto: ‚So haben wir es immer schon gemacht‘. Da muss im Sport dringend etwas passieren, denn – auch wenn es zwei Euro ins Phrasenschwein bedeutet: Nur wer sich verändert, bleibt sich treu! 

    Du hast mittlerweile die Möglichkeit, bei der RSG Hannover zu arbeiten. Wie kamst du zu der Stelle? 

    Ich habe den Job beim Stöbern durch die DOSB Stellenanzeigen entdeckt und er hat mich direkt angesprochen, da ich es eine spannende Aufgabe fand, eine Inklusionssportart voranzubringen. Dann habe ich mich beworben und konnte den Verein von mir überzeugen. 

    Seid ihr denn mehrere hauptamtliche Kräfte im Verein? 

    Ja, wir sind zu dritt bei der RSG Hannover. Ich arbeite dort als Projektleiter „Rollstuhlhandball Deutschland“. Es gibt zudem noch eine Projektleitung „Inklusives Segeln“ und eine Stelle in der Geschäftsstelle. Interessant hier zu erwähnen ist, dass es unserem Verein nur durch Projektförderungen möglich ist solche Stellen zu besetzen und zu bezahlen. Diese teils hochkomplexen Förderanträge müssen wiederum von Ehrenamtlichen gestellt werden. 

    Und wie sieht dein Aufgabenprofil bei der RSG Hannover aus? 

    Meine Aufgabe bei der RSG Hannover ist es, die 1. deutsch-holländische Meisterschaft im Rollstuhl-Handball am 11.9.2021 zu organisieren. Diese Veranstaltung gilt als Kick-Off Event. Es sollen Strukturen für die Rollstuhlhandball Bundesliga aufgebaut werden, die gibt es nämlich noch nicht. Hier suche ich Mannschaften, die mitmachen möchten, baue Strukturen auf, suche Sponsoren und Kooperationspartner, kümmere mich um die Vermarktung… eben alles, was dazu gehört. Die Niederländer sind hier schon ein bisschen weiter als wir, daher freuen wir uns, mit ihnen zusammenarbeiten zu können. 

    Du hattest vorher kaum Berührungspunkte zum inklusiven Sport. Wieso hast du dich trotzdem beworben? 

    Ich fand es immer wichtig, etwas bewegen zu können und Menschen zu helfen, weswegen ich auch immer viel ehrenamtlich gearbeitet habe. Das ist bei dieser Stelle zu 100% gegeben, weil ich das Gefühl habe, ich arbeite für eine gute Sache, für ein gutes Projekt und für einen guten Verein, so dass wir Menschen wirklich etwas wiedergeben. Zudem war ich schon immer in den Handball-Sport vernarrt und der Sport begleitet mich bereits mein ganzes Leben. Die Stelle ermöglicht es mir, beides zu kombinieren. 

    Es gibt viele Definitionen zum Begriff „Inklusion“. Was bedeutet er für dich?

    Dort gibt es auf jeden Fall ein sehr unterschiedliches Verständnis. Für mich ist Inklusion, dass jeder mitmachen darf und kann. Der Begriff ist aber viel weiter gefasst, als dass er sich nur auf Menschen mit und ohne Behinderung bezieht. Auch andere Attribute wie Größe, Gewicht und Alter müssen mitgedacht werden. Hier müssen wir im Sport, aber auch gesellschaftlich noch weitere Barrieren abbauen. Rollstuhlhandball ist die optimale Sportart dafür, dass sämtliche SportlerInnen gemeinsam Spaß haben können. Sie lässt Menschen mit und ohne Behinderung zu.

    Vom Sport wird immer mehr erwartet, was er leisten soll. Gleichzeitig sind die Ressourcen oftmals begrenzt und viel läuft über das Ehrenamt. Wie sind deine Erfahrungen hier?

    Ich glaube, es muss uns allen bewusst werden, was Ehrenamt eigentlich heißt und dass die Menschen das in ihrer Freizeit machen. Das Pensum einiger ist der Wahnsinn. Genauso, was von ihnen erwartet bzw. was ihnen abverlangt wird. Oft sind es immer auch dieselben Personen, die sich engagieren. Es wird dabei auch unterschätzt, wie groß der Organisationsaufwand in einem Verein ist und was den Ehrenamtlichen damit zugemutet wird, dass sie dies allein stemmen müssen. Hier ist die Herausforderung für den Sport, eine gute Balance zu finden. Langfristig wird man daher nicht an hauptamtlichen Kräften vorbeikommen, die das Ehrenamt entlasten. 

    Hast du noch einen Tipp an andere, die ebenfalls im Sport arbeiten möchten?

    Ich kann allen nur auf den Weg geben: Wenn ihr ein Ziel habt, gebt nicht auf, sondern verfolgt es. Seid dabei aber flexibel und innovationsbereit. Ich wollte mit 18 immer in einem Sportverein arbeiten, aber der Weg dahin war nicht gradlinig und ich habe ein paar Umwege genommen. Bleibt daher immer offen für neue Dinge und nutzt die Chancen, Neues zu lernen und neue Erfahrungen zu machen. 

  • Hauptamt-ready: FFWU

    „Die ersten Wochen waren begeisternd und wir haben in der kurzen Zeit schon enorme Fortschritte gemacht und sind uns sicher,dass dies nur der Anfang einer Erfolgsgeschichte ist.“

    Mit dem Hauptamt-ready Programm, wollen wir Vereinen dabei helfen, hauptamtliche Mitarbeitende einzustellen. Im März sind die ersten Pilotvereine an den Start gegangen. Eine dieser Vereine: Football for Worldwide Unity (FFWU). Gründer Sascha Baur hat sich unseren drei Fragen zu Beginn des Programms gestellt. 

    Was gab den Impuls, dass ihr euch dafür entschieden habt, zukünftig aufs Hauptamt setzen zu wollen?

    Ein längeres Gespräch mit Marthe war, denke ich, der entscheidende Impuls. Wir haben schon lange an die Möglichkeit der hauptamtlichen Stelle geglaubt, haben aber immer auf den richtigen Zeitpunkt gewartet. Schon seit vielen Jahren war es immer Traum und Wunsch, mein Herzensprojekt zum Beruf zu machen und aus dem längeren Gespräch hat sich diese Wunschvorstellung in einen konkreten Plan verwandelt. 

    Was sind eure langfristigen Ziele als Verein? 

    Wir wollen so viele Kinder und Jugendliche wie möglich erreichen. Es gibt unzählige junge Menschen auf dem Planeten, die in schwierigen Verhältnissen aufwachsen. Fußball, oder generell Sport und im speziellen natürlich Teamsport, bietet eine wunderbare Möglichkeit, einen positiven Einfluss auf Menschen zu haben. Die emotionalen und sozialen Fähigkeiten, die beim Fußball erlernt werden können, helfen jungen Menschen in vielen Lebensbereichen. In der Schule, in der Familie, in Freundschaften sowie auch in der beruflichen Karriere. Damit junge Menschen ihr volles Potenzial entfalten können, haben wir spezielle Ausbildungscurricula entwickelt, die Trainer*innen dazu befähigt, gezielt die emotionale und soziale Entwicklung zu fördern und diese in andere Lebensbereiche zu übertragen.

    Was erhofft ihr euch bei FFWU vom Hauptamt Ready Programm? 

    Das sagt ja schon der Name: Endlich den Schritt von der ehrenamtlichen Arbeit zur professionellen Social Profit Organisation zu machen die das unglaubliche Potenzial des Sports nutzt. Viele Trainer*innen & Lehrer*innen weltweit haben die Fähigkeit, leider wird in den Verbandsausbildungen der Sportfachverbände das Themengebiet nur minderwertig behandelt. Diese Lücke wollen wir mit unserem Angebot schließen. Die hauptamtliche Stelle wird uns einen riesigen Schritt weiter bringen, und mit dem Haupt Ready Programm können wir diesen sinnvollen und notwendigen Schritt zur Professionalisierung vollziehen. Die ersten Wochen waren begeisternd und wir haben in der kurzen Zeit schon enorme Fortschritte gemacht und sind uns sicher,dass dies nur der Anfang einer Erfolgsgeschichte ist. Hiermit schon mal einen herzlichen Dank an die professionelle Begleitung! Das Programm erfüllt bisher zu 100% unsere Erwartungen. 

  • TSV Berkheim: Von Hewlett-Packard zur Geschäftsstellenleiterin bei ihrem Herzensverein

    „Als ich 1995 Abitur gemacht habe, war das Bild von vielen – übergespitzt gesagt – dass in den Vereins-Geschäftsstellen eher Mamis sitzen, die nicht so viel an Fähigkeiten mitbringen müssen.“

    Nach der Schule machte Gabi Hauke-Ziehfreund ein duales Betriebswirtsschafts-Studium bei Hewlett-Packard und arbeitete dort mehr als 20 Jahre als Projektmanagerin im internationalen Bereich. Doch nach der Babypause entschied die sie sich, nicht mehr zum internationalen Großkonzern zurückzukehren, sondern eine neue Herausforderung anzutreten. Sie wurde hauptamtliche Geschäftsstellenleiterin bei ihrem lokalen Sportverein, dem TSV Berkheim.  

    Hallo Gabi, wie ist deine Bindung zum TSV Berkheim? 

    Sowohl mein Mann als auch ich sind in Berkheim aufgewachsen und sind seitdem wir laufen können Vereinsmitglieder. Schon als Jugendliche habe ich aktiv in der Vereinsarbeit mitgewirkt. Mit 13 Jahren war ich zum Beispiel Jugendsprecherin von der Turnabteilung sowie in der Jugendleitung und als Übungsleiterin aktiv. Mit Anfang 20 habe ich eine Step-Aerobic-Gruppe dort gegründet und diese geleitet und habe danach auch die Tanzabteilung aufgebaut. Mittlerweile haben wir fünf Tanzgruppen mit über 100 Kindern. Ich war dem Verein immer sehr verbunden und habe auch neben meinem Job immer als Übungsleiterin für eine Pauschale gearbeitet. Selbst während meiner Babypause, die ich bei Hewlett-Packard eingelegt habe, war ich als Übungsleiterin weitergearbeitet und mein Engagement dort sogar verstärkt und weitere Gruppen geleitet. 

    Wie kam es dazu, dass du deinen Job bei Hewlett-Packard gekündigt hast? 

    Ich mochte meine Arbeit dort. Aber international zu arbeiten, vor allem mit vielen amerikanischen Kund*innen, war nur schwer mit der Familie zu vereinbaren. Zum Beispiel fanden viele der Meetings zu unglücklichen Zeiten stattfanden. Dann kam die Gelegenheit beim TSV Berkheim zu arbeiten und ich war sofort begeistert. Unsere frühere Geschäftsstellenleiterin hat geplant, in den Ruhestand zu gehen und da hab ich gleich signalisiert, dass ich vorstellen könnte, ihre Stelle zu übernehmen. 

    Du hast bereits mit 13 angefangen beim TSV Berkheim zu arbeiten. Hast du früher schonmal daran gedacht, im Verein zu arbeiten? 

    Als kleiner Zwerg dachte ich: Wenn ich groß bin, werde ich mal Turnlehrerin. Aber wir wurde dann relativ schnell klar, dass ich kein Sport studieren möchte. Ich bin zwar sehr gerne Übungsleiterin, aber 40 Stunden die Woche wollte ich das nicht machen, sondern lieber in Richtung Büroarbeit gehen. Mit Anfang 20 war das noch kein Thema und eine große Firma wie HP bringt ja durchaus eine gewisse Attraktivität mit. 

    Interessant, dass du das so sagst. Uns ist auch aufgefallen, dass junge Menschen gerne für Start-Ups arbeiten für wenig bis gar kein Geld, aber die Vereinsarbeit für sie oft unattraktiv ist, obwohl einige Tätigkeiten durchaus ähnlich sind. 

    Als ich 1995 Abitur gemacht habe, war das Bild von vielen – übergespitzt gesagt – dass in den Vereins-Geschäftsstellen eher Mamis sitzen, die nicht so viel an Fähigkeiten mitbringen müssen. Dabei sind die Aufgaben super vielfältig und in den letzten Jahren hat sich da auch nochmal viel getan. Ich kann zum Beispiel auch sehr kreativ arbeiten, u.a. was die Homepage und Digitalisierung angeht und kann sehr viele Ideen einbringen. Auch das Thema Mitgliederpflege hat sich sehr verändert. Ich kann außerdem neue Ideen und Konzepte entwickeln, u.a. in Zusammenarbeit mit den Übungsleiter*innen. Aber ich stimme dir zu: Das Bild, dass ich nur ein paar Anfrage beantworte, ist immer noch da. Dabei ist es für Vereine definitiv ein Gewinn, Personen hauptamtlich anzustellen, die eine gute Ausbildung haben, wie zum Beispiel einen kaufmännischen oder Sportmanagement-Background. 

    Hattest du als Quereinsteigerin keine Angst, die Stelle zu übernehmen? 

    Da hatte ich Riesenglück. In der Zeit meiner Babypause als ich so viele Kurse übernommen habe, brauchte die Geschäftsstelle dringend Unterstützung, weil wir insgesamt so viele Kurse hatten. Da kam bereits die Anfrage, ob ich nicht Lust hätte, die Betreuung des Kursprogramms zu übernehmen. Dadurch konnte ich die Geschäftsstellentätigkeit bereits kennenlernen. Als dann klar war, dass es einen Wechsel in der Geschäftsstelle geben wird, hatten wir ein Übergangsjahr, in dem ich eingearbeitet werden konnte. Ein Luxus, den es in vielen anderen Jobs so nicht gibt. 

    Du hast bereits einiges angedeutet: Was sind deine konkreten Aufgaben?

    Ich mache natürlich viele klassische Vereinsaufgaben wie Verbandsmeldungen, Mitgliederpflege, Unterstützung des Vorstands, Planung von Seniorenausflügen und Veranstaltungen sowie Beantragung von Zuschüssen. Auch Mitglieder oder Übungsleiter*innen kommen öfters mit neuen Ideen auf mich zu und ich entwickle mit ihnen neue Kurse und kläre Fragen wie:Wie können wir den Kurs finanzieren? Welche Räumlichkeiten haben wir? Wie bewerben wir das Ganze? Usw. Außerdem war ich stark eingebunden bei der Erstellung von Hygienekonzepten, damit der Spielbetrieb aufrechterhalten werden konnte.

    Wie sieht dein Wochenpensum denn momentan aus? 

    Ich arbeite viermal die Woche vormittags und einen Nachmittag an dem dann auch die Geschäftsstelle geöffnet ist. 

    Ein Pensum, dass du auch ehrenamtlich machen könntest? 

    Nein, das hätte ich in dem Zeitaufwand nicht machen könnte. Ich arbeite 18 Stunden in der Geschäftsstelle. Das wäre aber auch finanziell nicht gegangen, da wir eine fünfköpfige Familie sind. Bei uns wird die Geschäftsstelle deswegen aber auch schon seit etlichen Jahren hauptamtlich besetzt. 

    Trotzdem arbeitest du zusätzlichnoch ehrenamtlich im Verein. Wie viel Stunden müsstest du hauptamtlich arbeiten, damit all deine Tätigkeiten abgedeckt sind? 

    Ich sehe das ein bisschen differenziert. Ich mache viele ehrenamtlichen Aufgaben tatsächlich gerne ehrenamtlich wie meine Übungsleitertätigkeit oder als beratendes Mitglied in der Jugendleitung. Viele der Aufgabe müsste ich auch nicht machen, aber ich mache sie gerne wie den Auf- und Abbau bei Veranstaltungen. Es gehört nicht in die Aufgabenbeschreibung einer Geschäftsstellenleitung und die anderen werden dafür ja auch nicht bezahlt. Das wäre dann nicht fair und deswegen trenne ich das. 

    Es gibt oft die Angst, dass das Ehrenamt durch das Hauptamt abgewertet wird. Wie ist hier dein Gefühl? 

    Ich hatte noch nie das Gefühl, dass das Ehrenamt mir gegenüber kritisch eingestellt ist. Gerade der Vorstand gibt mir immer sehr gutes Feedback und ist dankbar für die Vorarbeit, die ich leiste. Wir haben rund 1700 Mitglieder und da ist den meisten bewusst, dass der Verwaltungsaufwand ehrenamtlich nicht mehr zu stemmen ist. Zudem habe ich den Vorteil, dass ich selbst ein Vereinskind bin und sehr viele der Mitglieder kenne. Das macht meine Aufgabe viel einfacher, als wenn ich von außen gekommen wäre. 

    Wie wird deine Stelle finanziert? 

    Vor allem über Mitgliedbeiträge. Der Einzelbeitrag für Erwachsene liegt momentan bei 115€, nachdem wir ihn letztes Jahr von 99€ erhöht haben. Der für Jugendliche liegt bei 70€. Zudem haben wir einen Familienbeitrag, der bei 195€ liegt. Manche Abteilungen wie Fußball haben zudem noch einen Abteilungsbeitrag, der nochmal bei rund 40€ liegt. Damit haben wir ähnliche Beiträge wie die Nachbarvereine. 

    Was sind deiner Erfahrung nach die größten Probleme für Vereine? 

    Auf der einen Seite nimmt die Qualität in den Vereinen immer weiter zu bzw. soll es zumindest. Das ist das Bestreben von uns als Verein aber auch der Wunsch vieler Mitglieder. Früher war es ganz normal, dass ein Elternteil in die Halle gestellt wurde und das Training übernommen hat. Heute geht der Trend ganz klar in Richtung qualifizierte Übungsleiter*innen. Dadurch wird es auf der anderen Seite immer schwieriger, Leute dafür zu gewinnen, ehrenamtlich ein großes Pensum abzuspulen. So eine Lizenz kostet viel Zeit und Geld. Für uns als Verein bedeutet das, die Balance zu finden, da unsere finanziellen Ressourcen begrenzt sind. Nicht jede*r Übungsleiter*in hat heute auch noch die Vereinsbindung wie damals, was es nochmal wichtiger macht, andere Anreize zu schaffen. 

    Wie schafft es der TSV Berkheim trotzdem,zukunftsfähig aufgestellt zu sein? 

    Wir profitieren enorm von der Qualität unseres Vorstands. Alle zwei bis drei Jahre setzt er sich gemeinsam mit mir und dem württembergischen Sportbund zusammen und macht für 1 ½ Tage eine Zukunftswerkstatt. Dort setzen wir uns mit Fragen auseinander wie: Wo möchten wir hin? Was sind Möglichkeiten und Herausforderungen? Wo müssen wir uns besser aufstellen? Hier werden dann Maßnahmen entwickelt, die wir dann Umsetzen. 

    Was für Maßnahmen sind das zum Beispiel? 

    Eine Maßnahme ist die Vernetzung zwischen den Abteilungen, weil gefühlt jede Abteilung ihr eigenes Ding machte, anstatt als Gesamtverein zu agieren. Dabei gibt es viele Synergieeffekte. Zum Beispiel profitieren auch Fußballer*innen und Handballer*innen von ein paar Aspekten aus dem Turnen und so weiter. Auch ein Werteleitbild sind wir am Erstellen oder überlegen, wie wir das Sportabzeichen wiederbeleben können. Besonders in der Jugendarbeit können wir von einer Abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit profitieren, aber auch das braucht Zeit und Engagement. 

    Vielen Dank für das Interview! 

  • Hauptamt-ready: ACT Kassel

    „Wir möchten den Verein entwickeln, für jede Gesellschaftsschicht zugänglich machen und das mit der vollen Energie und Zeit, die uns zur Verfügung steht.“

    Mit dem Hauptamt-ready Programm, wollen wir Vereinen dabei helfen, hauptamtliche Mitarbeitende einzustellen. Im März sind die ersten Pilotvereine an den Start gegangen. Eine dieser Vereine: der ACT Kassel. Vorstandsmitglied Cedric Toth hat sich unseren drei Fragen zu Beginn des Programms gestellt.

    Was gab den Impuls, dass ihr euch dafür entschieden habt, zukünftig beim ACT Kassel aufs Hauptamt setzen zu wollen?

    Seit unserer Kindheit sind wir eng verwurzelt mit dem ACT Kassel. Über die Schulzeit hinweg als Spieler und relativ schnell auch als Übungsleiter und ehrenamtliche Helfer in der Vereinsorga. So ist der Wunsch in uns gewachsen, den Verein weiterzuentwickeln, für die jede Gesellschaftsschicht zugänglich zu machen und das mit unserer vollen Energie und Zeit, die uns zur Verfügung steht. Langfristig gesehen kann dies in unserer Vorstellung nur über eine hauptamtliche Stelle geschehen, um unsere Ressourcen gebündelt vollends in den Verein stecken zu können. Zudem erfahren wir den Schwund von ehrenamtliche Helfern, was den zeitlichen Aufwand für die ehrenamtliche Vereinsverwaltung steigen lässt und schwer zu bewältigen ist. 

    Was sind eure langfristigen Ziele als Verein? 

    Wir wollen allen Gesellschafts- und Bevölkerungsschichten den Zugang zu unserem Verein ermöglichen, ungeachtet der Herkunft, der geschlechtlichen Identität oder körperlicher Eingeschränktheit. Dabei wollen wir ein Angebot schaffen, welches die Leute im Stadtteil abholt, welches integriert und Freunde schafft. Personell gesehen wollen wir durch hauptamtliche Stellen im Organisations- und Trainingsbetrieb das langfristige Wachstum und fortbestehen gewährleisten. 

    Was erhofft ihr euch vom Hauptamt Ready Programm? 

    Von dem Programm erhoffen wir uns die optimale Vorbereitung auf eine hauptamtliche Stelle zu erfahren. Dabei wollen wir im Verlauf des Programms vor allem den Mut und die Sicherheit bei der Schaffung der Vereinsmanagerstelle gewinnen. 

  • Ute Groth: Gestalten statt verwalten

    „FSJ, Praktikanten. Ohne einen täglichen Ansprechpartner auf der Vereinsanlage wäre das undenkbar, ohne Hauptamt, wäre das für uns alles schwer bis gar nicht möglich gewesen.“

    Lange Zeit hatte Ute Groth kein Bedürfnis, sich in einem Sportverein zu engagieren. Doch nach einem Schlüsselerlebnis bei einem Vereinsausflug änderte sich dies. Nachdem sich  kein neuer Vereinsvorstand für die DJK TUSA Düsseldorf finden ließ, entschloss sie sich kurzerhand den Vorsitz  zu übernehmen. Keine leichte Aufgabe, denn der Verein war rein ehrenamtlich geführt und das bei 1.400 Mitgliedern. Mittlerweile hat ihr Verein den Schritt zum Hauptamt gewagt – ausgelöst durch einen Impuls von außen. Für seine Vereinsarbeit hat die DJK TUSA Düsseldorf jetzt sogar den Zukunftspreis gewonnen.

    Hallo Ute, wie kamst du zur DJK TUSA Düsseldorf? 

    Mein Mann war ehrenamtlicher Trainer bei einem Fußballverein. Als wir dann einen Sohn bekommen haben, hat dieser natürlich auch irgendwann angefangen im Verein zu spielen. Zuerst hat mich das total genervt, dass die beiden am Wochenende immer weg waren und ich mit unserer Tochter daheim. Ich hatte aber auch keine Lust mitzufahren. Irgendwann wurden wir dann auf eine Vereinsfahrt mitgenommen. Wir hatten alle zwei Jahre einen Austausch mit einem englischen Verein. Auf dieser Fahrt habe ich gemerkt, dass Fußball auch Sozialarbeit ist und man den Kindern und Jugendlichen viel mitgeben kann. Danach habe ich mich dann auch in den Verein eingebracht und zum Beispiel bei der Organisation der Austausche oder der Pressearbeit geholfen. 

    Wie kam es dann dazu, dass du Vorstandsmitglied wurdest? 

    Der alte Vorstandsvorsitzende wollte sein Amt niederlegen und es fand sich niemand, der nachfolgen wollte. Sie haben dann unter den Mitgliedern in den Kreisen von Anwälten und Steuerberatern geschaut, aber niemand hat sich bereiterklärt, das Amt zu übernehmen. Bei der Jahreshauptversammlung bin ich dann einfach aufgestanden und habe gesagt: „Ich stell mich zur Verfügung.“ Das war 2008 und seitdem bin ich Vereinsvorsitzende. 

    In einem anderen Artikel hast du geschrieben, dass ihr als Verein sehr viele Projekte im Kopf hattet, diese aber nicht umsetzen konntet. Wieso? 

    In der Theorie ist es so, dass es für Sportvereine viele Möglichkeiten gibt, gefördert zu werden. Wir haben zum Beispiel einmal an einem größeren Förderprogramm teilgenommen, bei dem wir Sport in Altenheimen angeboten haben. Bevor man jedoch die Förderung erhält, muss man eine Projektskizze erstellen und dann den Förderantrag einreichen. Alleine das Antragsverfahren ist schon sehr aufwendig. Dann haben wir das Projekt durchgeführt und mussten es parallel dazu  dokumentieren und im Anschluss evaluieren. Es war so viel Aufwand, dass wir danach gesagt haben: „Einmal und nie wieder!“. 

    Und das konntet ihr ehrenamtlich nicht leisten? 

    Genau, Aufwand und Nutzen standen in keiner Relation, vor allem da wir alle Vollzeit berufstätig waren. Wir haben uns dann dazu entschlossen, nur noch sehr kleine und einfache Förderungen in Anspruch zu nehmen, wenn überhaupt. Zwei unserer Mitglieder im Vorstand waren immerhin freiberuflich tätig und hatten so die Möglichkeit auch mal tagsüber z.B. mit Ämtern zu telefonieren. Für das Förderprojekt war dies unerlässlich, z.B. für die Gespräche mit den Altenheimen. In einem normalen Anstellungsverhältnis könnte man das dem Arbeitgeber nicht zumuten.

    War das der Auslöser, dass ihr euch für eine hauptamtliche Angestellte entschieden habt? 

    Nein. Über den DJK-Sportverband hatten wir Kontakt zu  einem großen Verein in Köln. Dieser Verein hat immer davon erzählt, dass sie einen Geschäftsführer in Vollzeit haben und an sehr vielen Förderprogrammen teilnehmen können, so dass sich der Verein fasst nur darüber finanzieren kann. Wir haben darüber immer nur gestaunt, fingen aber an, uns mit dem Gedanken zu beschäftigen.

    Was war dann schlussendlich der Knackpunkt, dass ihr ebenfalls den Schritt gewagt hat? 

    Es war eher ein schleichender Prozess. Wir arbeiten als Verein viel mit anderen Vereinen zusammen und schauen, wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Wir hatten dann gemeinsam mit einem anderen Verein wegen eines Projektes einen Termin beim Sportamt und Stadtsportbund Düsseldorf. Im Laufe des Gesprächs haben die Mitarbeiter  uns informiert, dass es ein Förderprogramm für kooperierende Vereine in Düsseldorf gibt, um eine hauptamtliche Geschäftsführung zu schaffen. Wir waren sofort begeistert von der Idee. 

    Wie ging es dann weiter? 

    Der andere Verein ist leider abgesprungen, weil sie Zweifel daran hatten, dass eine Person für zwei Vereine arbeiten kann. Der Stadtsportbund hat uns mit dem Hinweis dass unsere Mitgliederzahl und unsere Kooperationen mit anderen Vereinen, Schulen und Kindergärten durchaus für einen positiven Bescheid reichen kann, weiter unterstützt. Wir wurden als förderungswürdiger Verein eingestuft und somit eine hauptamtliche Stelle gefördert. Auch wenn es die Idee unterbewusst bei uns schon gab: Ausschlaggebend war am Ende der Impuls von außen, damit wir Hauptamt installieren. 

    Wie viel Geld wurde euch zur Verfügung gestellt? 

    Das ist gestaffelt. Die Förderung läuft über drei Jahre und im ersten Jahr bekommen wir 10.000€, im zweiten Jahr 6.000 € und im dritten Jahr dann noch 3.000€. 

    Nicht genug Geld, um die Stelle ausschließlich dadurch zu finanzieren. 

    Richtig, deswegen mussten wir die Mitglieder bei der nächsten Mitgliedsversammlung davon überzeugen, die Mitgliedsbeiträge etwas anzupassen. Das Ziel ist es, langfristig die Stelle selbstständig finanzieren zu können. 

    Waren die Mitglieder schnell überzeugt? 

    Es war zwischenzeitlich eine ziemliche Auseinandersetzung. Es kamen Argumente wie „Wieso brauchen wir denn auf einmal eine hauptamtliche Person? Früher ging es doch auch ohne.“ Doch am Ende konnten wir die zweifelnden Stimmen überzeugen und den Beitrag anpassen. Mittlerweile sind die Kritiker*innen auch vollends überzeugt und sehr glücklich, dass es eine Vollzeit-besetzte Geschäftsstelle gibt, an die sie sich jederzeit wenden können. 

    Von wie viel auf wie viel habt ihr eure Beiträge erhöht? 

    Das lässt sich so pauschal nicht sagen, weil wir je nach Sportabteilung gestaffelte Beiträge haben, zusammengesetzt aus Grundbeitrag und Abteilungsbeitrag. Im Schnitt hat sich der Beitrag für Erwachsenen um ca. 25 € im Jahr erhöht, so dass wir bei 160-200 € (Kinder 100-150 €) im Jahr sind. Wir mussten das aber wirklich auf den Wochenbeitrag runterbrechen und klar machen, dass es pro Woche kaum mehr als ein Bier in der Vereinskneipe mehr kostet. 

    Welche Argumente wurden gegen die Erhöhung vorgebracht? 

    Gerade die Erhöhung der Kinderbeiträge wurde kritisch gesehen, weil die Angst bestand, dass die Eltern sich diese nicht mehr leisten können. Aber bei uns im Verein gab und gibt es Sozialbeiträge, auf die Personen zurückgreifen können, die sich den „normalen“ Beitrag nicht leisten können. 

    Welchen Tipp würdest du anderen Vereinen geben, die die Beiträge ebenfalls erhöhen wollen? 

    Vorbereitung ist das A&O. Sich vorher schon zu überlegen, welche Zweifel aufkommen könnten und wie man diese widerlegt und nötige Zahlen und Fakten vorzubereiten. Gerade bei einer Mitgliederversammlung sind viele Personen da, die selbst ehrenamtlich aktiv sind und entsprechend nachvollziehen können, wie viel Arbeit im Verein steckt. 

    Wieso habt ihr euch dafür entschieden, die Stelle mit Anke zu besetzen?

    Anke ist schon seit Jahren ehrenamtlich in unserer Fußballabteilung sehr aktiv. Und die Tätigkeit hat ihr soviel Spaß gemacht, dass in ihr der Wunsch reifte, das zum Beruf zu machen. Sie hat dann auch die Ausbildung zur Vereinsmanagerin durchlaufen, was eine Voraussetzung für die Einstellung war. Da wir sie bereits aus der Arbeit im Verein als Organisations- und Kommunikationstalent kannten und sie mit den Strukturen des Vereins vertraut war, war es für uns keine schwere Entscheidung. Und wie sich herausstellte: Ein Glücksgriff. 

    Du meintest mal „Durch die Stelle wird das Ehrenamt entlastet und es kann gestalten statt verwalten“. Wie sieht für dich die Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt aus? 

    Durch das Hauptamt wurden vor allem Strukturen geschaffen, die das Ehrenamt vorher nicht schaffen konnte. Wichtige Unterlagen lagen zum Beispiel bei verschiedenen Ehrenamtlichen verstreut, statt – wie jetzt – gesammelt an einer Stelle im Geschäftszimmer im Verein. Wir haben nun eine Person, die den Überblick hat und weiß, wer für was die richtige Ansprechperson ist. Sie kann Anfragen von Mitgliedern besser beantworten und auch mal Arbeitsgruppen einberufen und koordinieren. Das sind alles Sachen, die wir als Ehrenamtliche nun nicht mehr leisten müssen. Stattdessen können wir uns als Vorstand wieder mehr auf die Vereinsentwicklung konzentrieren, Konzepte entwickeln und Anke unterstützt uns bei der Umsetzung. Dadurch werden auch mehr Vereinsmitglieder ermutigt, neue Ideen einzubringen. 

    Viele Vereine leiden momentan unter der Pandemie. Konnte eure hauptamtliche Mitarbeiterin einen Beitrag dazu leisten, dass ihr krisenfester als Verein seid? 

    Ja, tatsächlich sind unsere Mitgliedszahlen auch seit der Pandemie weiterhin steigend. Zudem konnten wir durch Anke sehr zügig ein Hygienekonzept erarbeiten und umsetzen. Mit den ersten Lockerungen haben wir ein Buchungssystem für unsere Anlagen eingeführt und konnten so als einer der ersten Vereine in Düsseldorf wieder öffnen. 

    Gab es noch weitere positive Effekte durch das Hauptamt? 

    Ja, wir können jetzt zum Beispiel Praktikant*innen aus Schulen aufnehmen, die sich nun den Alltag in einem Verein anschauen können oder auch FSJ’lLer*innen einstellen, die uns in der sportlichen Arbeit unterstützen.  Unser FSJ’ler hat während der Lockdowns zum Beispiel Online-Trainingseinheiten durchgeführt. Ohne einen täglichen Ansprechpartner auf der Vereinsanlage wäre das undenkbar, ohne Hauptamt, wäre das für uns alles schwer bis gar nicht möglich gewesen.  

    Vielen Dank für das Interview! 

  • Wie die BC Lions mit Fördergeldern ihre Projekte umsetzen

    Seit 6 Jahren schreibt Lukas Keul Fördergelder-Anträge. Hier erfahrt ihr, was er in dieser Zeit gelernt hat.

    Mit gerade einmal 24 Jahren ist Lukas Keul Projektmanager beim Projektverein BC Lions. Obwohl er diese Tätigkeit liebt, kommt der Absolvent für Internationale Not- und Katastrophenhilfe immer wieder an seine Grenzen. Das Problem? Neben dem Entwickeln von neuen Projektideen, schreibt er Projektanträge, beantragt Fördermittel und vieles mehr und dass, obwohl er eigentlich Vollzeit einem anderen Job nachgeht. Über seine Tätigkeit und wieso der Verein nun jemanden im Hauptamt einstellen möchte, spricht er im Interview mit Klubtalent.


    Hallo Lukas, was ist der Unterschied zwischen einem „normalen“ Verein und einem Projektverein?

    Auch als Projektverein nehmen wir ganz normal am Spielbetrieb teil, bieten daneben aber auch verschiedene Projekte in den Bereichen Politik, Integration und Inklusion an. Zum Beispiel sensibilisieren wir Kinder und Jugendliche für unterschiedliche Themen. Ein Projekt ist hier „Meine Stimme zählt“ bei dir wir Jugendliche auf das erste Mal wählen vorbereiten. Zudem organisieren wir jährlich den International Eastercup, der mittlerweile bereits acht Mal stattfand.

    Was ist der International Easter Cup?

    Der International Eastercup Berlin-Moabit ist ein Basketball-Turnier von Kindern und Jugendliche für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Behinderung. Wir versuchen dort, auf und neben dem Platz viele Nationalitäten und Kulturen zusammenzubringen. Es wird über fünf Tage in allen Altersklassen gespielt, so dass mittlerweile fast 2.000 Menschen aus über 30 Nationen vor Ort sind. Selbst Mannschaften aus Nigeria, Indien oder der Mongolei reisen an. Was ebenfalls cool am Projekt ist, ist, dass wir die Jugendlichen aktiv bei der Organisation miteinbinden. Sie schreiben selbst Projektanträge, sind als Fotograf*innen aktiv oder führen die Siegerehrung durch. Sie übernehmen Verantwortung und lernen Dinge, die sie so in der Schule sonst nicht lernen.

    Das klingt nach einer tollen Veranstaltung! Wie kamst du selbst zum Verein?

    Ich war vorher beim ASV Moabit, mit dem ich auch in die Regionalliga aufgestiegen bin. Allerdings habe ich dann für mich entschieden, sportlich nochmal einen Schritt zurück zu machen, weil es immer schwieriger wurde, Sportpensum und Studium miteinander zu vereinbaren. So bin ich dann zu den BC Lions gekommen, mit dessen 1. Vorsitzenden ich schon vorher durch den International Eastercup in Kontakt stand.

    Du bist als Projektmanager im Verein aktiv. Was ist deine Aufgabe?

    Meine Hauptaufgabe im Verein ist es, mir Projekte auszudenken, Projektanträge zu stellen, Fördergelder zu beantragen und die Projektabschlussberichte zu verfassen. Hinzu kommen Projektkoordinatoren, die für die Umsetzung der einzelnen Projekte verantwortlich sind. Zwei dieser Koordinatoren sind Jannes und Jennis, die neben Studium und Arbeit ihre Zeit in die Vereinsarbeit investieren und mir dabei eine große Hilfe sind!

    Aktuell investiere ich selbst ungefähr 10 Stunden pro Woche ehrenamtlich, indem ich mich entweder abends nach der Arbeit nochmal ran setze oder tagsüber zwischendurch mal Telefonate erledige, da ich eigentlich Vollzeit woanders arbeite. Besonders mit Andy, dem 1. Vorsitzenden, bin ich täglich im Kontakt, um den Verein nach vorne zu bringen.

    Momentan geht das von dem Pensum noch ganz gut, aber ich merke mittlerweile auch: Mehr ginge nicht.  

    Kannst du uns konkrete Projekte nennen?

    Zwei Beispiele für Projekte, die wir im Jahr 2020 gemacht haben, sind „Andere Perspektiven erfahren“ und „Girls Ball Too“. Bei ersterem Projekt geht es darum, Kinder und Jugendliche für das Thema „Menschen mit Behinderung“ zu sensibilisieren. Beim zweiten Projekt-Beispiel geht es darum, Mädchen und ihre Rolle in der Gesellschaft, durch die Hilfe von Sport, zu stärken.

    Die Ideen für diese Projekte kommen mir durch Zeitungsartikel oder Nachrichten. Ich lese mich dann in diese Themenfelder ein und erkenne einen Bedarf. Das zusammen führt dann zu meinen Projektideen. Ich mache diese Projekte, weil es wichtig ist! Als Mensch und als Verein wollen wir die Gesellschaft kurz-, mittel- und langfristig im positiven Sinne mitgestalten. Wir setzen uns dabei in der Regel keine Grenzen. Realistisch muss die Umsetzung jedoch sein, damit das Projekt seine Wirkung entfalten kann.

    Wie finanziert ihr eure ganzen Projekte?

    Das war für mich auch erstmal ein Lernprozess. Angefangen habe ich mit ganz kleinen Projekten, mit einem Förderumfang von ca. 500 Euro, die man z.B. in den Bezirken beantragen kann. Dann habe ich mich gesteigert. Wenn die Ideen größer werden, braucht man meist auch mehr Geld. Über die Jahre haben wir dann diverse Drittmittelgeber gefunden, mit denen wir zum Großteil mehrere Projekte umgesetzt haben. Wir beziehen unsere Gelder also aus mehreren Quellen, was immer gut ist. Zugute kommt uns dabei, dass wir und unsere Projekte uns mittlerweile ein gewisses Standing, z.B. im Bezirk, erarbeitet haben.

    Worauf kommt es beim Fördergelder beantragen an?

    Wichtig ist, dass die Zielgruppe beim Antrag im Mittelpunkt steht und alle Gelder wirklich in die Projekte investiert werden. Zudem sollte man die „Vokabeln“ kennen. Wenn man von Integration spricht, sollte dies auch tatsächlich im Vordergrund des Projekts stehen. Außerdem darf man die Kosten der Projekte nicht unterschätzen, wie z.B. Honorare für Trainer*innen.

    Gibt es auch Probleme beim Beantragen der Gelder?

    Ja, ein Problem ist, dass die Summen meistens leider nichts so hoch sind. Das heißt man muss sich immer wieder ran setzen, um die Gelder zu beantragen. Das ist ziemlich zeitaufwendig, aber notwendig.

    Zeitaufwendig in dem Sinne, dass man mehrere Anträge pro Jahr schreiben muss, um die notwendige Summe für Ziele zu erreichen. Wir haben daraus gelernt und schreiben nun weniger Anträge, aber mit größeren Summen. Aufwand und Nutzen sind in diesem Fall positiver zu bewerten, da der Aufwand der Beantragung bei den meisten Anträgen sehr ähnlich ist, wir nun aber die Fördersumme voll ausschöpfen.

    Auch wenn die Aufwand-Nutzen-Relation im vergangenen Jahr eher durchschnittlich war, haben wir noch nie Projektgelder abgelehnt. Wir haben uns aber schon überlegt wie ausgereift die Idee sein sollte für die Summe. Zwei Beispiele: können wir für ein Projekt max. 500€ beantragen, steht die Idee und der Plan innerhalb eines Tages. Möchten wir jedoch 15.000 € beantragen, dann ist ein genauer Zeitplan, Personalplan und detaillierte Finanzplan notwendig. 

    Wo sollte man als Verein suchen, wenn man Fördergelder beantragen möchte?

    Es kommt immer darauf an in welche Richtung dein Projekt geht, z.B. welche Schwerpunkte du setzt, ob es kurz- oder langfristig geplant ist. Dazu kommt, woher deine Zielgruppe kommt.
    Wenn du das beantworten kannst, dann weiß man auf welcher Ebene man suchen muss.
    Entscheidend für die Wahl der Fördertöpfe ist für mich den Antragsprozess und auch, wie über die Verteilung der Mittel entschieden wird. Die Wahl des Fördertopfs ist auch manchmal abhängig von meiner Idee. Möchte ich in Richtung Inklusion weiß ich, welchen Fördertopf ich angehe. Manchmal erfahre ich aber auch von Fördertöpfen, die z.B. themenbezogen sind, und gestalte eine Idee entsprechend der Förderrichtlinien.

    Auf wie vielen Schultern verteilt sich momentan eure Arbeit im Verein?

    Neben mir übernimmt noch Andy Riebold viele Aufgaben. Zudem haben 14 Trainer*innen, wovon sich drei auch in den Projekten engagieren. Aber einen Großteil der Arbeit machen wir beide.

    Jede*r hat ja mal ein Motivationstief, vor allem wenn man nebenbei noch Vollzeit arbeitet. Wie gehst du damit um?

    Da die meiste Verantwortung bei Andy und mir liegt, müssen wir selbst bei einem Tief durchziehen, weil die Arbeit sonst liegen bleibt. Aber mittlerweile sind wir an einem Punkt angekommen, wo wir uns wirklich über Unterstützung von einer Teil- oder Vollzeitkraft freuen würden. Wir würden natürlich weiterhin dem Verein treu bleiben und tatkräftig unterstützen, aber die letzte Zeit war schon sehr kräftezehrend und eine Auszeit bzw. zumindest ein geringes Pensum wäre toll. Wir brennen immer noch für den Verein, aber Vollzeitstelle, Ehrenamt, Familie und andere Verpflichtungen sind schon für sich allein genommen sehr zeitintensiv.

    Woran liegt es, dass nicht mehr sich in diesem Pensum engagieren?

    Ehrlich? Ich denke, weil es nicht genug Geld gibt bzw. die Leute in de Regel für alles Geld haben wollen. Auf der anderen Seite wollen die Leute nicht so viel für den Mitgliedsbeitrag zahlen oder können es auch nicht. Das Ergebnis ist, dass es wenig Leute gibt, die sich mit ganzem Herzen für ihren Verein und Kiez einsetzen, ohne dafür ein Gehalt zu verlangen.

    Ist das ein Grund, warum ihr als Verein nun aufs Hauptamt setzen wollt?

    Ja, unser Verein wächst sehr stark. Der ASV Moabit hat sich dieses Jahr aufgelöst und uns seinen Platz in der Regionalliga für die Herrenbasketballer überlassen. Einige der Mitglieder sind dann auch zu uns gewechselt. Aber auch vorher ist der Verein bereits gewachsen, so dass die Tendenz momentan in Richtung 200 Mitglieder geht. Die Verwaltungsaufgaben nehmen dadurch immer weiter zu. Angefangen bei Emails an Mitglieder und den Verband bis hin zu der Betreuung unserer Social-Media-Kanälen. Deswegen wäre es gut, wenn eine Person dies hauptberuflich und vor allem tagsüber übernehmen könnte und solche Aufgaben nicht abends oder am Wochenende erledigt werden müssten.

    Könntest du dir denn vorstellen, hauptamtlich im Verein zu erarbeiten?

    Theoretisch ja, aber bei uns sehe ich ganz klar Andy in der Position, der auch lizenzierter Vereinsmanager ist.

    Ihr seid bereits ein eingespieltes Team, aber wie stellst du dir generell die Arbeit zwischen Hauptamt und Ehrenamt vor?

    Ich würde mir von der hauptamtlichen Person wünschen, dass sie kleine, aber sehr zeitintensive Aufgaben wie eben Emails übernimmt. Bei Dingen wie der Ideenfindung für neue Projekte würde ich auch weiterhin die Ehrenamtlichen mit einbinden. Die Ehrenamtlichen sollen entlastet, aber nicht entmündigt werden. Sie bleiben weiterhin einer der wichtigsten Elemente des Vereins.

    Wenn bald hoffentlich eine neue Kraft dazukommt: Gibt es Projekte, die ihr gerne umsetzen würdet, aber für die bisher die Kapazitäten gefehlt haben?

    Ein großes Projekt ist ein Vereinsheim, welches wir gerne bauen würden. Es soll ein Treffpunkt sein, der dem Verein gehört und an dem man zusammenkommen und Feste feiern kann. Zudem wollen wir ein Stützpunkt für Rollstuhlbasketball werden und dies mit sozialen Aspekten kombinieren. Wir wollen ein Sozialzentrum sein, wo neben dem Sport auch Nachhilfe und kulturelle Angebote wie Singen und Tanzen angeboten werden. Außerdem wäre es toll, wenn wir später auch Angebote für Senior*innen anbieten können. Wichtig ist uns, keine Strukturen doppelt aufzubauen, sondern auf bereits bestehende zurückzugreifen. Deswegen arbeiten wir auch eng mit Jugendeinrichtungen zusammen und wollen diese auch für neue Projekte mit ins Boot holen.

    Vielen Dank fürs Gespräch!

  • SV Großefehn: Mehr als ein Sportverein

    Mit seinem „sozialen Jahresplan“ während der Corona-Pandemie feiert Tamme Bölts nationale Erfolge.

    Bis vor kurzem war der SV Großefehn nur wenigen Menschen außerhalb Ostfrieslands bekannt. Doch das änderte sich, als der Verein während der Corona Pandemie die Idee des sozialen Jahresplans entwickelte und seitdem zahlreiche Projekte durch verschiedene Aktionen unterstützt. Selbst Weltmeister Philipp Lahm war von der Initiative begeistert und agiert seit kurzem als Schirmherr. Im Interview mit Klubtalent erzählt der sportliche Leiter Tamme Bölts mehr über den Jahresplan, die Kraft des Sports und Vorbildfunktionen.

    Hallo Tamme, was macht den SV Großefehn als Verein aus?

    Wir bieten als Verein in unserer Gemeinde für alle Altersklassen (von Kinderturnen und Bambini-Fußball bis Seniorengymnastik) die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen und darüber hinaus die Sportstätten bei Veranstaltungen (Tag des Fußballs, Vereinsfest) als sozialen Treffpunkt zu nutzen.

    Und was ist für dich das Besondere am Breitensport?

    Das Beste am Amateursport ist, dass man Erfolge gemeinsam in einer Gruppe erleben kann, die einem wirklich verbunden ist. So wird der Erfolg zum Erlebnis. Zudem ist beim Amateursport die soziale Komponente stärker verankert, die wir mit dem sozialen Jahresplan nun noch mehr in den Vordergrund rücken wollen.

    Du hast es gerade angesprochen: Was ist der soziale Jahresplan?

    Mit dem Jahresplan möchten wir als SV Großefehn jeden Monat eine Aktion zu Gunsten des Vereins machen. Zum Beispiel verkaufen wir Chroniken, Stadionbecher, Sondertrikots oder Einladungen zum Helfer-Frühstück und möchten so jeden Monat auch einen anderen guten Zweck verfolgen. Die Hilfen für andere sind dabei bewusst breit gefächert – von Hilfen für eine konkrete Familie in der Gemeinde bis hin zur Übernahme einer Dorfpatenschaft bei SOS Kinderdörfer. So soll das Vereinsleben vielfältiger gestaltet, durch gutes Beispiel zum engagierten Ehrenamt animiert und auch Gutes in anderen sozialen Bereichen des Lebens vollbracht werden.

    Das klingt toll. Wie kam es zu der Idee?

    Durch die Corona-Pandemie mussten wir die zwei aufwendig vorbereiteten Veranstaltungen „Tag des Fußballs“ und ein Vortrag des Beachvolleyball-Olympiasiegers Jonas Reckermann zum Thema „Mit Werten zum Erfolg“ absagen. Nach einer kurzen Phase des Bedauerns war die Reaktion bei einigen beim SV Großefehn, dass man fortan mehr statt weniger tun müsse. So ergab sich eine Arbeitsgruppe von vier Personen, die für verschiedene Aktionen immer wieder auch Hilfe von anderen Menschen aus dem Verein erhält. Beide genannten Aktionen sind nun an einem anderen Datum auch im Jahresplan enthalten.

    Speziell angefertigte Stadionbecher.

    Welche anderen Projekte habt ihr bisher umgesetzt?

    Für den Verein konnten wir bislang den Verkauf von Sondertrikots, Stadionbechern und Chroniken umsetzen. Die Chroniken enthalten alle Werbeanzeigen, die normalerweise in der Stadionzeitung der Fußball-Sparte enthalten sind, ohne Kosten für die Firmen. Zudem erhielten diese Werbepartner ein Gratis-Exemplar. So konnten wir erreichen, dass bis auf zwei der über 70 Firmen dieses Engagement fortführen.

    Im sozialen Bereich haben wir neben einer direkten finanziellen Hilfe aus den Mannschaftskassen der drei Herren-Fußallteams einen Arbeitseinsatz im ostfriesischen Tierpark umgesetzt. Ein perfekter Start. Nachdem unser ehemaliger Mitspieler und Schwiegersohn der Namensgeberin von „Birgits Tiergarten“ uns herzlich empfangen und zum Dank bewirtet hat, kam aus den Reihen der Spieler, dass sie im nächsten Jahr wieder kommen wollen. Im August setzten wir eine Registrierungsaktion für die DKMS mit Hilfe von Rollo Fuhrmann und Roland Evers von SKY um.

    Im September erfolgte ein Aufruf zur Kleiderspende für die Organisation „A smile for Togo“ und in diesem Monat werden wir die Übernahme einer Dorfpatenschaft in Mombasa, Kenia über SOS Kinderdörfer verkünden, die bereits seit Juni läuft.

    Und wie ist eure Vorgehensweise?

    Wir haben uns bereits im März/April über die Möglichkeiten unterhalten, uns in den verschiedensten Bereichen einzusetzen. Wir haben abgewogen, wo wir Hilfe für dringend nötig halten, wo wie beim Tierpark, bei der Familie in der Gemeinde oder auch über einen Spieler von uns zur Organisation in Togo Verbindungen bestehen und was in diesen Zeiten weitreichend umzusetzen ist.

    Die Hilfeempfänger haben wir dann allesamt proaktiv kontaktiert. Alle haben ausnahmslos voller Dankbarkeit die Zusammenarbeit aufgenommen. Somit besteht der Plan schon durchgehend, die aktuelle Arbeit besteht noch aus Auffrischung und konkreter Absprache der Vorgehensweisen. Da wir aber immer wieder den Plan aufgrund  der aktuellen Bestimmungen anpassen müssen, sind wir jederzeit auch für Ergänzungen offen.


    Wie waren die Reaktionen auf die Idee?

    Innerhalb des Vereins gab es ausschließlich positive Resonanz. Zwar bildete sich mit drei Spielern der 1. Fußballherren und dem Sportlichen Leiter nur ein kleiner Arbeitskreis, mit der Entwicklung des Jahresplans und den messbaren Erfolgen (u.a. 2500 Euro Soforthilfe für die Delfintherapie des behinderten Jungen aus der Gemeinde) wächst aber die Zustimmung und auch die Bereitschaft Einzelner, sich mehr einzubringen.

    Du meintest, bisher seid ihr eher proaktiv auf Einzelne zugegangen. Kann man sich denn bei euch auch als „ Projekt bewerben“, damit ihr unterstützt?

    Da wir für Ergänzungen des Plans offen sind, kann man uns auch über Dritte gerne kontaktieren. Dies kann über die offiziellen Kanäle des Vereins laufen, die Anfrage landet dann schnell bei unserer Arbeitsgruppe.

    Wie finanziert ihr die Umsetzung eurer Projekte?

    Investitionen wie die Anschaffung der Stadionbecher oder auch für die Herstellung der „Wall of Fehn“ (Bande über mehrere Meter am Kabinentrakt), auf der alle Mitglieder und gewerblichen Unterstützer verewigt werden, die in Zeiten von abgemindertem Sportangebot und finanziellen Einbußen die Treue gehalten haben, werden vom Vereinskonto bezahlt. Dies stellt kein Problem dar, da durch die konkrete Vorbereitung aller 12 Monate abzusehen ist, dass letztlich ein deutliches Plus für den Verein erwirtschaftet wird. Mit diesem können dann hoffentlich der Wegfall von Bandenwerbung und andere Einschnitte ausgeglichen werden.

    Philipp Lahm unterstützt den sozialen Jahresplan


    Selbst der DFB hat eure Idee vorgestellt und Philipp Lahm hat dafür geworben. Wie kam es dazu?

    Philipp Lahm haben wir kontaktiert, als wir um zwei signierte Exemplare seiner Biografie für die Tombola beim Tag des Fußballs im Winter gebeten haben. Schnell kam die Bitte von seiner Seite, zu telefonieren. Im Telefonat wurde dann klar, dass er sich deutlich mehr einbringen möchte, weil er unser Engagement schätzt. Er ist nun Schirmherr des Jahresplans. Das Vorwort der Vereinschronik ist von ihm, er signiert Sondertrikots, spendet persönliche Gegenstände aus seiner Karriere und meldet sich immer mal wieder per Videobotschaft. Mit seinem Team stehen wir in wöchentlichem Austausch.

    Der DFB ist einfach auf unsere Idee aufmerksam geworden, die auch schon in den Zeitschriften 11 Freunde und SportBild vorgestellt wurde. Auch der Dachverband fand es berichtenswert, was wir angehen.

    Wollt ihr auch über das Jahr 2020 / die Corona Pandemie aktiv bleiben? Und was sind noch Ziele von euch?

    Zum Abschluss des Jahresplans wollen wir etwa 10.000 Euro für den Verein generiert haben. Vielleicht ist es dann sogar möglich, besser dazustehen als vor der Pandemie. Statt Einsparungen könnten dann kleinere Investitionen in die Sportstätten und die Jugendarbeit möglich sein.

    Zudem wollen wir jede soziale Aktion für uns zufriedenstellend umsetzen. Wir setzen uns deshalb vor jedem Monat klar definierte Ziele. Da die Hilfen so unterschiedlich geartet sind, kann man diese Ziele jedoch nicht pauschalisieren.

    Wichtig ist uns auch, dass wir mit diesem guten Beispiel mehr Bereitschaft zum Ehrenamt in unserem Verein wecken, um Verantwortungen breiter zu verteilen und auch in Zukunft ein kreatives Vereinsleben gewährleisten zu können.

    Einige Hilfen, wie der Arbeitseinsatz im Tiergarten oder die Dorfpatenschaft, werden aber definitiv fortgeführt.

    Wollt ihr als SV Großefehn mit eurer Idee Vorbild sein?

    Wir vom Arbeitskreis wollen zunächst einmal Vorbild in unseren eigenen Reihen sein. Wenn ein Jugendspieler für sich privat eine Art des sozialen Einbringens durch uns für sich neu entdeckt, wäre das ein riesiger Erfolg.

    Wenn dann auch andere Vereins einige Ideen übernehmen, freuen wir uns. Es ist so einfach, als Verein mit mehreren Hundert Mitgliedern z.B. eine Dorfpatenschaft zu übernehmen und dort zu helfen, wo auch aktuell Hilfe noch dringender ist als bei uns.

    Es ist nicht kompliziert. Wenn man Bereitschaft zur Hilfe signalisiert, wird einem von Beginn an viel Dankbarkeit und Tatkraft für die Umsetzung entgegengebracht. Wir haben bislang schon viele schöne Momente für uns aus dieser Arbeit ziehen können.

    Vielen Dank fürs Interview Tamme!

  • Dragons Marzahn: Für Hauptamt braucht es Mut

    300 Mitglieder, aber dafür 8 hauptamtliche Trainer*innen und einen Kiez-Koordinatoren. Die Dragons Marzahn haben es möglich gemacht.

    Angefangen als Anwalt ist Jannes Schneider-Oeser jetzt als Kiezkoordinator bei den Dragons Marzahn tätig. Im Interview mit Klubtalent erzählt er von mutigen Entscheidungen und innovativen Ideen, die der Verein trotz der finanziellen Herausforderungen angeht.

    Hallo Jannes, du bist mittlerweile Kiezkoordinator in Marzahn. Ursprünglich hast du allerdings Jura studiert. Wieso wurdest du doch kein Anwalt?

    Die Theorie während des Jura Studiums hat mir sehr viel Spaß gemacht. Als ich dann allerdings begonnen habe, in einer Kanzlei zu arbeiten, habe ich schnell gemerkt: Das will ich definitiv nicht mein ganzes Leben machen. Es war mir zu trocken und ich hatte mehr mit Excel-Tabellen als mit Menschen zu tun.

    Und wie kamst du dann zu einem Job im Sport?

    Nachdem ich gemerkt habe, dass mir das Anwalt sein keine Freude bereitet, habe ich überlegt: Was macht mir Spaß? Ich wollte gerne etwas machen, bei dem ich mit vollem Herzen dabei bin. Ich war schon früher als Trainer aktiv und hatte dann das Glück, dass Freunde mir den Kontakt zu Alba Berlin hergestellt haben. 2016 habe ich dort in der Online Redaktion angefangen und dort auch Teams betreut. Ich habe dann festgestellt: Genau in die Richtung möchte ich gehen. Über Alba kam ich dann zu deren Partnerverein nach Marzahn, wo ich jetzt arbeite.  

    Was ist dein aktueller Job?

    Ich bin Kiezkoordinator des Kooperationsverbundes Alba Wuhlethal, sowie Trainer und sportlicher Leiter der Dragons Marzahn.

    Was sind deine Aufgaben als Kiezkoordinator?

    Als Kiezkoordinator kümmere ich mich darum, Kontakte zu Schulen und Kitas herzustellen und zu pflegen und Honorar- und Kooperationsverträge abzuschließen und abzurechnen. Außerdem stelle ich Trainer*innen ein, übernehme die Personalverwaltung und darf Events planen und durchführen. Ich übe die Tätigkeit im Hauptamt aus, arbeite also 40 Stunden die Wochen.

    Was macht dir so viel Spaß an deinem Job?

    Ich mag es, etwas Praktisches mit Menschen zu machen. Der Klassiker eben. Vor allem ist die Tätigkeit auch sehr abwechslungsreich. So verbringe ich neben der Halle zum Beispiel viel Zeit im Büro. Das ist  auch die Zeit in der ich sehr kreativ arbeiten und mich Projekten widmen kann. Ich denke mir dann neue Konzepte aus und überlege, wie man sie umsetzen kann. Ich trage also auch Verantwortung, was ich persönlich sehr mag. Außerdem ist es wahnsinnig toll ein Projekt von der Idee bis zum Ende zu begleiten. In der Form wie hier gibt es das wohl nur bei wenigen Jobs. Ich kann sowohl Dinge selbst machen, als auch mir Kompetenzen von außen hinzuholen, wenn ich mal nicht weiterkomme. Wenn das Projekt dann auch noch erfolgreich ist, ist es umso schöner. Außerdem freue ich mich, dass ich so auch was für die Gesellschaft leisten kann und nicht nur für mich selbst.

    Das klingt auf jeden Fall toll. Bist du der Einzige, der hauptamtlich arbeitet?

    Nein, im Gegenteil. Wir haben unter anderem zwei Trainer, die hauptamtlich mit einem Umfang von 40 Stunden arbeiten. Außerdem haben wir einen dualen Studenten, der auf 30 Stunden kommt. Dazu kommen noch drei Minijobber, die jeweils zehn Stunden arbeiten, zwei FSJ’ler sowie fünf Honorartrainer.

    Ihr beschäftigt wirklich viele Leute. Wie groß ist euer Verein denn?

    Als Verein selbst sind wir gar nicht so groß. Wir haben so ca. 300 Mitglieder. Wir finanzieren allerdings unsere Stellen durch den Kooperationsverbund aus Schulen, Kitas, Wirtschaftspartner*innen und der Senatsverwaltung. Dieser wurde 2016 gegründet und besteht mittlerweile aus sechs Kitas, sechs Grundschulen und zwei Oberschulen. Über den Verbund bespielen wir jetzt 1.200 Kinder die Woche, zusätzlich zu den 300 Mitgliedern aus dem Verein. Im Schnitt sind wir in jeder Schule ca. sieben Stunde die Woche und an jeder Kita fünf Stunden. Dadurch entwickelt sich ein Stundenumfang, der es uns erlaubt, Trainer*innen hauptamtlich anzustellen. Unsere Mitgliedsbeiträge allein würden leider im Moment nicht reichen.

    Wie finanzieren sich die Stellen dann?

    Das ist sehr unterschiedlich. An den Schulen läuft es meist über die Personalkosten oder über Bonusprogramme. Die Schulen wenden also ihre eigenen Töpfe auf. An den Kitas werden einige über die Senatsverwaltung gefördert, genauer gesagt über das Projekt „Vereine machen Kita“.  An diesen Kitas sind wir sogar acht Stunden die Woche. Die anderen Kitas werden dann über die Wohnungsbaugesellschaften der Kieze finanziert.

    Wieso habt ihr euch dafür entschieden, aufs Hauptamt zu setzen?

    Unser Vereinsvorsitzender Florian Lau ist eng mit Alba Berlin vernetzt und zudem Schulsportbeauftragter des Landes.  Er hat lange überlegt, wie man Sportvereine und Schulen besser miteinander verknüpfen kann, gerade mit Hinblick auf den Ganztagsunterricht. Gemeinsam mit Alba Berlin hat das Land dann das Projekt „Alba macht Schule“ ins Leben gerufen, ein mittlerweile deutschlandweit bekanntes Pilotprojekt. Wir haben uns dann im Windschatten angedockt und wurden  Partnerverein. Damit leisten wir auch einen Beitrag zu einer sozial-gerechten Stadt, denn auch wir möchten, dass alle Kinder Zugang zu Sport haben, und damit zu Bewegung und Gesundheit.

    Was sind die Vorteile?

    Für große Vereine liegen die Vorteile neben den ideellen Werten vor allem in der Reputationsgewinnung. Somit ist es eine tolle Gelegenheit, Fans zu gewinnen. Fakt ist, von 1.000 Kinder wird vielleicht nur einer am Ende Profi. Die anderen 999 werden aber dafür Basketballbürger, also Fans, die dem Basketball treu bleiben und hoffentlich lebenslang Spaß an Bewegung finden.

    Und für kleinere Vereine wie euch?

    Für uns ist vor allem die Mitgliedergewinnung entscheidend. Durch die Schulen und Kitas haben wir leichter Zugang zu Kindern, die potenzielle Mitglieder sind. Zudem können wir so die Weichen für hauptamtliche Trainer*innen stellen, die wir uns anders nicht leisten könnten. Hauptamt ist deswegen wichtig, weil vor allem junge motivierte Trainer nur dann bleiben, wenn sie Geld bekommen und nicht zwischen vier Vereinen hin und herspringen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Die meisten nehmen dafür gerne „in Kauf“, dass sie dann auch an Schulen und Kitas arbeiten müssen.

    Welche Auswirkungen hätte es auf euren Verein gehabt, wenn niemand diesen Mut aufgebracht hätte?

    In erster Linie wären wir nicht unserem Ideal nachgekommen. Weit weniger Kinder würden durch uns in Berührung mit Sport kommen. Wir hätten weniger Mitglieder, keinen Kooperationsverbund mit dem wir Kinder an Sport heranführen, deutlich weniger weibliche Spielerinnen, wären qualitativ sowohl in der Trainer*innen- als auch Spieler*innenausbildung bedeutend schlechter. Es gäbe keine Angebote für Kinder zwischen 4 und 10 Jahren und keine Sportprofilklasse für Talente. Wir wären einfach nur irgendein Verein, nicht Teil des Kiezes und erst recht nicht Dreh- und Angelpunkt der Sportwelt Marzahn-Hellersdorf. Wir könnten die Bewegungspolitik des Bezirkes nicht mitgestalten.

    Merkt ihr denn, dass viele Kinder, mit denen ihr das erste Mal in den Schulen und Kitas Kontakt habt, tatsächlich auch zum Verein kommen?

    Wir haben gerade dazu eine Erhebung gemacht und haben festgestellt, dass wir seit dem Projektstart 2016 ein sehr starkes Mitgliederwachstum haben. Innerhalb von vier Jahren sind wir von 200 auf 300 Mitglieder gewachsen. Vor allem im weiblichen Bereich konnten wir stark wachsen. Vorher hatten wir hier ehrlichgesagt Probleme, da wir nicht richtig wussten, wie wir die Mädchen erreichen und dann auch für den Verein gewinnen können. Im Verein soll aber perspektivisch mehr auf Leistungssport gesetzt werden. Für Kinder und Jugendliche, die mehr machen wollen. Der Breitensport soll dann vor allem über die Schulen und Kitas abgedeckt werden. Vielen Kindern reicht es auch, Basketball bloß in den AGs zu spielen. Für alle anderen bieten wir im Verein dann ein Zusatzangebot an.  

    So viele hauptamtlich Engagierte stellt man nicht von heute auf morgen ein. Was waren zu Beginn die größten Hürden?

    Da gab und gibt es bis heute vor allem zwei Hürden. Die erste Hürde: Es braucht immer einen Mutigen, der vorangeht. Und hier hatte unser Verein sehr viel Glück. Unser Vorstand ist immer wieder dazu bereit, neues auszuprobieren. Und sie hatten auch den Mut zu sagen: Wir stellen jetzt jemanden ein, der das Ganze koordiniert. Und da wären wir auch bei der zweiten Hürde: Meine Koordinationsstelle. Diese ist sehr schwer zu finanzieren, aber unerlässlich für so ein Projekt. Es fällt viel Arbeit an, den das Ehrenamt bzw. der Vorstand gar nicht bewältigen kann. Viele Geldgeber verstehen allerdings nicht, was der direkte Nutzen ist. Die sehen nur: Ah da sitzt jemand im Büro, aber davon profitieren die Kinder ja nicht direkt. Da braucht es wieder diesen einen Mutigen, der vorangeht. Durch die Koordinationsstelle konnte schließlich jedoch so viel abgearbeitet werden, dass wir wieder Gelder für andere Projekte generieren konnten. Wir haben durch die Stelle Zeit- und Personalressourcen gebündelt, die uns voranbringt.

    Wie wird deine Stelle finanziert?

    Meine Stelle wurde ursprünglich anteilig über die Schulen finanziert. Allerdings haben viele Schulen dagegen gewehrt aus den oben genannten Gründen. Seit zwei Jahren wird meine Koordinationsstelle durch den Landessportbund finanziert, die ¾ meiner Stelle bezuschussen. Das letzte Viertel bezahlt Alba Berlin. Allerdings sind wir gerade am Scheideweg. Am Ende des Jahres läuft die Finanzierung aus und wir überlegen eine neue Finanzierungsmöglichkeit, denn wir werden es in den nächsten zwei Jahren nicht schaffen, diese allein aus den Mitgliedsbeiträgen zu stemmen. Der Landessportbund hat uns zumindest fünf Stunden für die nächsten zwei Jahre zugesichert, aber danach ist Schluss. Was aber schonmal eine tolle Hilfe ist. Wir haben zudem noch eine weitere Stütze: Bewegungsnetzwerker, ein Projekt des Deutschen Sport- und Präventionsnetzwerk. Hier sollen sportartenübergreifend Kinder mobilisiert und alle Sportarten im Kiez gefördert werden. Auch sie haben uns zumindest 10 Stunden versprochen, für Aufgaben, die Kita und Schule betreffen. Und dann sind wir noch im Gespräch mit ein, zwei Stiftungen.

    Ganz schön zerstückelt.

    Ja, das ist auch sehr nervig und Ziel ist es, dass wir die Stelle selbst finanzieren können und zwar nachhaltig. Im Hinblick auf den sozialen Kiez ist eine Mitgliedsbeitragsanpassung immer schwierig, aber wir suchen nach Lösungen.

    Habt ihr denn noch andere Projekte außer der Zusammenarbeit mit den Schulen und Kitas?

    Ja, zum Beispiel ein Projekt, um mehr Mädchen für den organisierten Sport zu begeistern, vor allem langfristig. Das Projekt läuft auch sehr gut. Auch Schiedsrichter*inngewinnung, Trainer*innengewinnung oder die Gewinnung von neuen Vorstandsmitgliedern ist für uns wichtig. Außerdem hatten wir Geflüchtetenprojekte. Aber so eine Masse an Projekte ist eben nur mit entsprechenden Ressourcen umsetzbar…  

    Welche Pläne gibt es für die Zukunft?

    Natürlich gibt es einen Wunsch der Expansion, aber in einem gesunden Maß. Lieber machen wir an einer Kita oder Schule noch ein paar Stunden mehr, als überall ein bisschen. Aber das Ziel ist es, irgendwann alle Schulen und Kitas bei uns im Kiez zu bespielen. Vor allem die Kitasportangebote haben wir erst vor zwei Jahren begonnen, hier gibt es noch viel Potenzial. Hierfür haben wir auch eine Spielsammlung aufgebaut, die sich an den Kompetenzen der Kinder mit Blick auf den Rahmenlehrplan der Senatsverwaltung orientiert. Diese soll noch weiter anwachsen und auch anderen Vereinen zur Verfügung gestellt werden. Zudem haben wir am Barnim-Gymnasium eine Sportprofilklasse gründen können. Das wollen wir ebenfalls an einer Gesamtschule einführen. Damit jedes Kind, dass wir mal betreut haben, die Chance hat, auch an einer weiterführenden Schule ein begleitendes Sportangebot zu haben. Die Idee hier ist, dass die Jugendlichen von der 7. Klasse bis zum Schulabschluss jede Woche fünf Stunden Basketball haben: Zwei der vier regulären Sportstunden, zwei Stunden AG plus eine weitere Stunde Frühtraining. Zwei Stunden haben sich zudem normalen Sportunterricht.

    Was muss sich deiner Meinung nach noch verändern, damit die Gesellschaft noch mehr vom Sport profitieren kann?

    Ich finde, es braucht Mut. Auch von den obersten Instanzen, die dann auch Stellen wie die meine fördern. Das gesellschaftliche Gewissen könnte hier bei vielen Institutionen noch stärker ausgeprägt sein. Aber ich habe die Hoffnung, dass sich da etwas bewirken lässt und man zusammen was auf die Beine stellen kann, wovon die Gesellschaft wirklich profitiert.

  • Vom Traum, das Ehrenamt zum Beruf zu machen

    Mehr als zehn Jahre engagierte sich Michael ehrenamtlich in seinem Verein – mit allen Vor- und Nachteilen.

    Mehr als zehn Jahre engagierte sich Michael ehrenamtlich in seinem Verein. Dabei musste er jedoch mehr als nur einmal feststellen, dass er nicht nur an seine zeitlichen Grenzen kam. Warum er sein Engagement gerne zum Beruf machen würde, dass erzählt er im Interview mit Klubtalent.

    Michael Groß steht im Trainingsanzug auf einem Fußballplatz

    Hallo Michael, schön, dass du dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst. Stell dich den Leser*innen doch bitte einmal kurz vor.

    Mein Name ist Michael Groß und ich bin 27 Jahre alt. Zur Zeit studiere ich an der Universität Duisburg-Essen evangelische Theologie und Sozialwissenschaften auf Lehramt.

    Seit meinem 14. Lebensjahr engagiere ich mich ehrenamtlich im Kinder- und Jugendfußball – sowohl als Trainer, als auch auf Vorstandsebene. So wurde ich im vergangenen Jahr vom DFB für dieses Engagement im Rahmen der Aktion „junges Ehrenamt“ als Fußballheld ausgezeichnet und für eine Woche nach Spanien zur Fußballheldenbildungsreise eingeladen.

    Auf Vorstandsebene durfte ich schon zahlreiche Funktionen bekleiden. So hatte ich bereits das Amt des Geschäftsführers, Jugendleiters und des Jugendgeschäftsführers inne.

    Nach dem ich im Jahr 2009 und 2012 meine Trainerlizenzen erfolgreich absolviert habe, bin ich seit Januar 2020 auch im Besitz der DFB Vereinsmanager C-Lizenz mit dem Profil „Gesamtverein“. Neben dem Studium und meiner Liebe zum Fußball bleibt wenig Zeit für andere Hobbys.

    Für welchen Verein warst du tätig? Welche Funktionen hattest du inne?

    Mein ehemaliger Verein ist die DSC Wanne-Eickel Fußballabteilung e.V. aus dem Kreis Herne. Seine erste Herrenmannschaft ist in der 6.Liga, sprich der Verbandsliga, beheimatet. Zur Zeit bietet er drei Senioren- sowie zwölf Jugendmannschaften eine Plattform, sich im Ligabetrieb auf Kreis- und Verbandseben zu messen.

    Neben meiner Trainertätigkeit, wo ich die Jahrgänge 1999 bis 2003 in den verschiedensten Altersklassen und Ligen betreuen durfte, hatte ich dort auch verschiedene Vorstandsfunktionen inne. Wie bereits geschildert durfte ich als Geschäftsführer, Jugendleiter und auch als Jugendgeschäftsführer den Fußballverein verwalten und mitgestalten. 

    Insbesondere war ich als Geschäftsführer und auch als Jugendleiter für den Bereich Finanzen und Passwesen + Mitgliederverwaltung zuständig. Dazu gehörten die Buchhaltung der Barkasse und die Kontoführung. Der Bereich Mitgliederverwaltung und Passwesen war natürlich der umfangreichste Bereich. Hier musste ich die Daten der Mitglieder verwalten und pflegen, sowie die Spieler an- und auch entsprechend abmelden. Aber auf diesem Gebiet fühlte ich mich sehr schnell sehr wohl und konnte mir dadurch auch schnell Fachwissen in diesen Bereichen aneignen.

    Insgesamt war ich über zehn Jahre dort tätig. 2009 bin ich dort heimisch geworden. Zuvor arbeitete ich als Jugendtrainer bei meinem Heimatverein, dem VFB Günnigfeld 11/26 e.V. in Bochum-Wattenscheid.

    Über zehn Jahre ist eine lange Zeit. Wieso hast du dich überhaupt dazu entschieden, ehrenamtlich im Sport zu arbeiten?

    Geprägt durch mein Elternhaus, insbesondere durch meine Mutter, lernte ich die ehrenamtliche Arbeit mit Kindern- und Jugendlichen kennen und vor allem zu schätzen. Daher reifte bereits sehr früh der Wunsch in mir, der Gesellschaft etwas zurückzugeben und die Kinder- und Jugendlichen zu unterstützen. Und da ich bereits sehr früh Fußballfan und Vereinsmitglied war, stand der Wunsch mich auf dieser Ebene zu engagieren schnell fest.

    Welche Vorteile bringt die Arbeit als Ehrenamtlicher denn mit sich – sowohl für dich persönlich als auch den Verein?

    Man erhält sehr schnell einen guten und vor allem freundschaftlichen Zugang zu einer großen Maße von Menschen. Daher kann man sehr schnell, sehr gute Kontakte knüpfen. Diese lassen sich sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich sehr gut kombinieren. Des weiteren ist das ehrenamtliche Engagement bei der Jobsuche ein enormer Vorteil und sofort ein Gesprächsaufhänger. Und außerdem gibt es nicht schöneres als Gesellschaft etwas zurückzugeben und mit Gleichgesinnten eine tolle gemeinsame Zeit zu verbringen. Für die Vereine sind die Ehrenamtler der Motor oder das Benzin. Ohne „uns“ funktioniert wirklich gar nichts. Viele Vereine haben aufgrund von begrenzter Mitgliederkapazitäten oder finanziellen Mitteln gar nicht die Möglichkeit auf Hauptamtliche zurückzugreifen. Daher bringt das Ehrenamt eine große Verantwortung mit sich, aber bringt einem auch so unglaublich viel und ist für die Vereine sehr wichtig.

    Und wie viele Stunden monatlich hat deine ehrenamtliche Arbeit in Anspruch genommen?

    Die Zeit, welche mir zur Verfügung stand, hat dafür eigentlich gar nicht gereicht. Auf diese Situation trifft man sehr oft bei einem ehrenamtlichen Engagement. So habe ich neben meinem Studium durchschnittlich gut und gerne bis zu 5 Stunden täglich mit meinem Ehrenamt verbracht. Aber es war gerne auch mal das doppelte und am Ende des Tages ist die Stundenzahl des Einsatzes kaum zu beziffern.

    Hattet ihr keine Hauptamtlichen im Verein, die dich dort etwas entlasten konnten?

    Als Amateurverein hatten wir keine hauptamtlichen Angestellten. Alle Mitstreiter im Vorstand haben ihre Funktionen ehrenamtlich ausgeübt. Die Aufteilung war sehr klassisch gehalten und an den Aufgabenfeldern des Vorsitzenden, Jugendleiters, Geschäftsführers und des Kassierers orientiert. So war der Vorsitzende bzw. Jugendleiter für die Führung des Vorstandsteams, der rechtlichen Vertretung des Vereins sowie für alle repräsentativen Aufgaben zuständig. Der Geschäftsführer hat die Mitgliederverwaltung und das Passwesen übernommen und der Kassiere war für die Buchhaltung in Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer zuständig. Wir haben aber nur sportliche Leiter und einen Vertreter für den Bereich Marketing und Werbung in unser Gremium berufen. Die sportliche Leitung hat sich um den sportlichen Bereich gekümmert. Sprich Spieler, Trainer und Gestaltung des Trainings und der Spieltage und unser Marketingleiter war für das Sponsoring und unsere Internetauftritt sowie für Social Media zuständig.

    Gelang es euch trotzdem größere Ziele und Projekte umzusetzen?

    Wir konnten durch die Verpflichtung von qualifizierten Übungsleitern die Trainingsqualität deutlich nach oben schrauben, sodass uns in den vergangenen Jahren einige Aufstiege in die nächst höheren Spielklassen gelungen sind. Das war für mich ein großer Erfolg und hat unserem Verein ein gutes Image verschafft. Auch Unternehmen und damit potenziellen Sponsoren wurden auf uns aufmerksamer. Gerne hätte ich diese sportliche Professionalisierung vorangetrieben und weitere Experten für die verschiedenen Fachbereiche verpflichtet. Sprich beispielsweise Athletiktrainer, Physiotherapeuten und auch eine Installation eines Fahrdienstes. Dieses ist aber an den finanziellen Mitteln gescheitert. Um einen solchen Fortschritt zu gestalten und in die Wege zu leiten, wären auch die Aufgaben auf Vorstandsebene mitgewachsen. Hier wäre es auch kaum möglich gewesen, dies noch im Ehrenamt zu bewältigen. Im Zuge dessen wäre eine hauptamtliche Kraft sicherlich eine enorme Bereicherung gewesen.

    Du erwähntest bereits, wie viel Zeit und Energie du in deine Tätigkeit investiert hast. Trotzdem hast du nun bei deinem Verein aufgehört. Wie kam es dazu?

    Leider hat die fehlende Wertschätzung meiner Arbeit dazu geführt, dass ich mich im Januar diesen Jahr nicht mehr zu Wiederwahl gestellt habe. Menschen, mit welchen ich jahrelang vertrauensvoll zusammengearbeitet hatte, begegneten mir nicht mehr mit dem nötigen Respekt. Eine weitere Zusammenarbeit war nicht mehr möglich und durch die Veränderung der Verhaltensweisen auch deutlich spürbar. Doch die vielen schönen Momente des Ehrenamts und insbesondere die Erfolge, die man feiern konnte, überwiegen. Daher bin ich zuversichtlich mich bald wieder engagieren zu können und zu wollen.

    Gab es noch weitere Herausforderungen als Ehrenamtlicher?

    Rückblickend betrachtet kann ich sagen, dass die Verantwortung eine große Herausforderung war. Trotz einer ehrenamtlichen Tätigkeit, war meine Funktion mit einer großen Verantwortung verbunden. Es gab Situationen, da hat man sich selbst unter Druck gesetzt und hat auch deutlich den Stress gemerkt, wenn eine wichtige Entscheidung getroffen werden musste.

    Was hättest du dir für deine Tätigkeit gewünscht?

    Wie ich in der vorangegangenen Frage bereits erläutert habe, ist die ehrenamtliche Tätigkeit auch immer mit einer gewissen Verantwortung befunden. Deshalb sage ich ganz klar, dass die Ehrenamtlichen davon profitieren können, da sie entlastet werden. Durch die Schaffung einer hauptamtlichen Stellen, lassen sich die Aufgabenfelder wieder ein Stück mehr und vor allem effektiver verteilen und so nimmt man auch Stresssituationen von den Ehrenamtlern. Denn es gibt Aufgaben, welche dringend erledigt werden müssen aber nicht können, da der eigene Beruf zeitlich immer vorgeht. Hier könnte ein Hauptamtlicher definitiv Abhilfe schaffen.

    Könntest du dir denn selbst vorstellen, dein Ehrenamt zum Beruf zu machen?

    Definitiv! Wer träumt denn nicht davon, sein Hobby zum Beruf zu machen? Ich habe die Arbeit im Ehrenamt bereits kennengelernt und kann mir schon ganz genau vorstellen, wie viel zusätzliche Energie und Zeit ich aufgrund der Hauptamtlichkeit noch zur Verfügung hätte, um entsprechend neue Projekte anzustoßen. Ich könnte auch noch effektiver arbeiten, da kein Spannungsfeld zwischen dem Beruf und dem Verein bzw. den zu erledigenden Aufgaben mehr besteht.

    Du würdest dir also wünschen, dass mehr Vereine auf das Hauptamt setzen?

    Wie bereits erwähnt, bin ich ein großer Freund von hauptamtlichen Stellen. So lässt sich die Arbeit besser und vor allem effektiver erledigen und aufteilen. Das größte Problem bleibt dennoch die Finanzierung. Viele nicht lizenzierte Vereine habe nicht die entsprechenden Mittel hauptamtliche Stellen zu schaffen bzw. auszuschreiben. Die Mitgliedsbeiträge, Sponsoreneinnahmen bzw. eigenständig generierte Einnahmen reichen oftmals nur zum Überleben. Große Extras, außerhalb eines strukturierten Vereinslebens, sind da nicht möglich.

    Also verzichten die meisten Vereine aufgrund mangelnder finanzieller Mittel auf Hauptamtliche? 

    Da muss man ganz ehrlich sein: Ja, meistens sind es die fehlenden finanziellen Mittel. Des Weiteren ist die Schaffung und Pflege einer hauptamtlichen Stelle auch mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden. Vielleicht fehlt auch ein wenig der Mut, diesen Schritt zu gehen, da es im organisierten Sport noch keine Gewohnheit ist.

    Du bist auch als Vereinsberater tätig. Was sind denn da die häufigsten / größten Probleme, mit denen Vereine auf dich zukommen?

    Die Gewinnung von Mitarbeitern. Insbesondere von Ehrenamtlichen. Viele Vereine berichten, dass es kaum Nachwuchs gebe. Dennoch gibt es wissenschaftliche Studien, welche eine gegenläufige Prognose zeigen. Ehrenamtler sind im organisierten Vereinssport der Motor. Ohne sie, geht kaum etwas. Und daher ist es besorgniserregend, wenn die Vereine keine Mitstreiter in diesem Bereich finden. Um so wichtiger ist es daher, bereits vorhandene Ehrenamtler, an den Verein zu binden. Hier gibt es die unterschiedlichen Möglichkeiten. Aber ein einfaches „Danke“ kostet nicht viel und bedeutet den Ehrenamtlern sehr viel.

    Was würdest du den Vereinen für die Zukunft raten?

    Ich glaube, dass die Vereine sich öffnen sollten. Insbesondere Einsparten-Vereine sollten sich öffnen und ein breites Angebot für ihre Mitglieder schaffen. Ich denke nämlich, dass die Vereine immer einen Mehrwert bieten müssen. So könnte man auch einen Mitgliederschwund entgegenwirken. Wenn mein Vereinsmitglied keinen Spaß mehr am Fußball hat, kann ich ihn vielleicht durch ein zusätzliches Angebot trotzdem im Verein halten. Die heutige Gesellschaft ist sowieso sehr schnelllebig geworden. Deshalb sind starren und strenge Mitgliederregularien nicht sehr hilfreich. Auch hier sollte über ein Kursangebot und damit über flexible Mitgliedsbeiträge nachgedacht werden. So kann man neue Mitglieder für den Verein gewinnen. Des Weiteren sollte man sich Gedanken über seinen Mitgliedsbeitrag machen. Ist dieser noch angemessen? Was nehmen andere Sportarten bzw. Vereine in meiner Umgebung für Mitgliedsbeiträge. Wenn wir einen Fußballverein und einen Golfclub vergleichen, wird uns sehr schnell klar, dass ein Golfclub einen viel höheren Beitrag fordert. Dies soll nicht heißen, dass der Mitgliedsbeitrag dem eines Golfclubs angepasst werden soll, aber eine Erhöhung lässt dem Verein mehr Mittel zur Verfügung stehen. Und durch qualifizierte Trainerinnen und Trainer, kann ich natürlich auch neue Mitglieder gewinnen. Durch das Einnahme plus kann ich dann als Verein auch die Qualifizierungskosten meiner Mitarbeiter vollständig übernehmen. Daher sind die 5 oder 6 Euro im Monat wahrscheinlich nicht mehr zeitgemäß und vor allem wirtschaftlich nicht ausreichend.

    Danke für das Interview und die interessanten Einblicke!

  • SV Vaihingen: Vom Ehrenamt zum Geschäftsführer

    Mit 23 übernahm Markus die erste hauptamtliche Position des Geschäftsführers beim SV Vaihingen. Hier erzählt er Alles zur Umstellung.

    Hallo Markus, was ist deine Hintergrundgeschichte?

    Ich bin 30 Jahre und spielte früher in der Landesliga Fußball. Nach der Schule begann ich ein berufsbegleitendes Bachelor-Studium im Fach Sportmanagement mit dem Arbeitgeber Württembergischer Landessportbund. Direkt im Anschluss an das Studium wurde ich dann hauptamtlicher Geschäftsführer beim SV Vaihingen. Nebenher habe ich dann zusätzlich noch eine Fortbildung beim Sportbusiness-Campus in Fürth gemacht, sowie ein berufsbegleitendes Master-Studium ebenfalls am Sportbusiness-Campus in Wolfsburg. Nach fünf Jahren als Geschäftsführer in Vaihingen, wollte ich mich gerne beruflich verändern und bin zum DFB gewechselt. Dort arbeite ich nun im Management der A-Nationalmannschaft.

    Wie müssen wir uns den SV Vaihingen als Verein vorstellen?

    Der SV Vaihingen ist ein Sportverein mit zwölf Abteilungen und rund 2.500 Mitgliedern. Der Fokus des Vereins lag und liegt dabei ganz klar auf dem Breiten- und Gesundheitssport. Bevor ich begonnen habe, war die Mitgliederentwicklung im Verein leicht rückläufig. Eine Entwicklung, die auch leider in den meisten anderen Vereinen der Region zu beobachten war.

    Unter anderem durch meine Tätigkeit konnten die Zahlen dann wieder stabilisiert werden, was auch daran lag, dass wir durch neue Sportangebote als Verein attraktiver wurden.

    Wie kam es dazu, dass du nicht nur Spieler im Verein sein wolltest, sondern dich auch verstärkt engagiert hast?

    Mir hat damals schon das Umfeld sehr gut gefallen. Zuerst war ich vier Jahre lang Mitglied, Spieler und Trainer in der Fußballabteilung. Danach war ich dann fünf Jahre lang hauptamtlicher Geschäftsführer. Ich habe damals die Chance gesehen, im Verein einiges zu entwickeln und eigene Ideen einbringen zu können und darauf hatte ich echt Lust.

    Welche konkreten Aufgaben hast du im Verein als Hauptamtlicher übernommen?

    Meine Hauptaufgabe war die Leitung der Geschäftsstelle. Dort war ich zum einen für das Personal zuständig, zum anderen hatte ich die Hauptverantwortung für Budgets, die Vereinsentwicklung und die Betreuung externer Partner wie Sponsoren, Pächter der Gaststätte, Schulen und Kitas. Außerdem war ich das Bindeglied zwischen den Abteilungen und damit Hauptansprechpartner des Vereins.

    Warst du der einzige Hauptamtliche im Verein? 

    Ich war zumindest der erste hauptamtliche Geschäftsführer. Allerdings gab es parallel zu mir und auch schon vor meiner Tätigkeit drei Mitarbeiterinnen auf der Geschäftsstelle, die auf 400€-Basis eingestellt waren. Zusätzlich gab es vereinzelte Trainer*innen auf Honorarbasis.

    Wieso hat sich dein Verein schließlich dafür entschieden, aufs Hauptamt zu setzen?

    Da der Verein immer weiter wuchs und die zunehmenden Anforderungen das Ehrenamt überfordert bzw. überlastet haben, wurde entschieden, zumindest teilweise aufs Hauptamt zu setzen. Das Ehrenamt sollte aber weiterhin eine wichtige Rolle spielen, denn ohne es funktioniert kein Verein!

    Wie viele Stunden wöchentlich hast du gearbeitet?

    Anfangs waren es erst einmal 20 Stunden, aber nach 1,5 Jahren wurde es zu einer Vollzeitstelle ausgebaut.

    Warst du schon vorher ehrenamtlich in einer ähnlichen Position tätig?

    Vorher war ich ehrenamtlich als Jugendtrainer tätig. Aber auch zu der Position merkt man: der größte Unterschied ist die Verantwortung! Als hauptamtlicher Mitarbeiter trägt man deutlich mehr Verantwortung und kann sich von dieser auch nicht so einfach wegstehlen. Das war aber auch die große Motivation für mich.

    Du hast angedeutet, dass neben der Verantwortung das Hauptamt auch viele Vorteile mit sich bringt. Welche Vorteile sind das konkret?

    Das sind einige. Ein großer Vorteil ist auf jeden Fall die zeitliche Kapazität des Hauptamts, wodurch man jederzeit ansprechbar und vor Ort sein kann. So konnten viele neue Handlungsfelder wie z.B. die Intensivierung der Sponsoringaktivitäten und der Austausch zu anderen Vereinen und auch zur Stadt ausgebaut werden.

    Bei vielen Akteuren wirkt ein Verein direkt professioneller und interessanter, wenn er einen Geschäftsführer hat. Ich konnte dadurch zum Beispiel als Geschäftsführer viele Termine mit Pressevertretern vereinbaren und wurde auf einmal „gehört“. Somit bekamen wir viele Presseartikel, die über unser Engagement berichtet haben. Auch Unternehmen waren viel eher bereit, als Sponsor/Partner/Unterstützer zu fungieren, da ich auf einmal Zeit hatte, Konzepte zu erarbeiten und zu präsentieren und regelmäßige Gespräche mit ihnen geführt habe. Dadurch fühlten sie sich besser betreut.

    Außerdem war da nun jemand, der sich rund um die Uhr um die Angelegenheiten der Mitglieder kümmerte  und den Verein dadurch nach vorne gebracht hat. Da ich acht Stunden und teilweise auch abends verfügbar und erreichbar war, wurden die Anliegen der Mitglieder und Abteilungen viel schneller aufgenommen und bearbeitet.

    Außerdem verbesserte sich der Service für die Ehrenamtler, da ich mehr zeitliche Kapazitäten hatte und das Ehrenamt entlastet wurde. Man hatte auf einmal jemanden, der einem zur Seite stand und viele Dinge auch abnehmen konnte.

    Gab es Projekte, die du als Hauptamtlicher umsetzen konntest, die als Ehrenamtlicher jedoch nur schwer umsetzbar gewesen wären?

    Durch die zusätzliche Zeit konnte ich vor allem die Mitarbeit in Gremien der Stadt und im Zusammenschluss der Geschäftsführer Stuttgarter Vereine intensivieren. Dadurch bekam ich viel neuen Input, konnte aber auch selbst welchen liefern und konnte auch Lobbyarbeit verrichten und netzwerken. Außerdem war es mir möglich, ein Sponsoringkonzept aufzubauen und ich hatte die Zeit, die Kontakte dann auch zu pflegen. Ein großes Plus hier war eben, dass ich nicht nur abends oder am Wochenende Zeit in den Verein investieren konnte, sondern auch tagsüber, wo eben politische Gremien und Sponsoren gut erreichbar waren und ich daher viel mehr Termine wahrnehmen konnte.

    Zudem investierte ich viel Zeit in die Vereinsentwicklung. Zum Teil konnte ich dafür auf eigene Erfahrungen und auf Inhalte aus dem Studium zurückgreifen, aber vor allem habe ich mich viel mit anderen Vereinen ausgetauscht, wofür ich jetzt Zeit hatte. Dort habe ich abgeschaut, was diese gut machen und was wir vielleicht adaptieren könnten. Natürlich habe ich mich auch regelmäßig mit dem Vorstand abgesprochen, wohin wir wollen und wie wir uns als Verein sehen.

    Außerdem gab es einen intensiven und offenen Austausch mit den Abteilungen, die ja Experten auf ihrem Gebiet bzw. in ihren Sportarten sind. Im Gespräch habe ich versucht herauszufinden, wohin sich die Sportarten und Abteilungen hin entwickeln können und welche Randsportarten bzw. moderne Sportarten sich in den Verein integrieren lassen. So haben wir zum Beispiel Cheerleading neu in die Turnabteilung aufgenommen, was uns direkt ca. 40 neue Mitglieder beschert hat.

    Ein großes Projekt war auch der Sportstättenbau. Hier war großer Stillstand im Verein und dadurch ist das Vereinsgelände eher „verfallen“ als modernisiert worden. Ich konnte diese sprichwörtlichen Baustellen mit viel Zeit und Engagement angehen und dadurch vieles erneuern, modernisieren und auf den Weg bringen. Meine Nachfolgerin konnte beispielsweise mein begonnenes Projekt abschließen und die uralte, leicht angeschimmelte Gymnastikhalle sanieren und sie mit großen Fenstern und modernen Spiegeln ausstatten. Hierfür habe ich lange gearbeitet und Gelder geniert. Nun hat der Verein eine ganz neue kleine Gymnastikhalle, die die Leute viel mehr anzieht.

    Ein anderes Projekt war der Bau eines neuen Spielplatzes, für den ich Termine mit Sponsoren, Spendern und der Presse wahrgenommen habe. Wir haben es durch meine Kapazitäten geschafft, einen nachhaltigen Spielplatz für über 30.000€ zu bauen, ohne Vereins-Gelder investieren zu müssen. Ich habe zig Termine wahrgenommen und Präsentationen im Gemeinderat gehalten, um an die Gelder zu kommen. Diese Zeit und die Termine tagsüber hätte das Ehrenamt schlicht weg nicht wahrnehmen können

    Du hast zunächst „nur“ Teilzeit für deinen Verein gearbeitet. Gab es da schon die Perspektive aufs Hauptamt oder hast du “nur” darauf spekuliert?

    Auf der einen Seite habe ich natürlich darauf spekuliert, auf der anderen Seite hatte ich aber das klare Abkommen mit dem Präsidium, dass das Ziel eine 100% Stelle ist. Maßgeblich dafür war natürlich, wie diese neue Position vom Gesamtverein angenommen wird und wie viele zusätzlichen Gelder durch mich eingenommen werden können. Die Idee war, dass ich durch den Auf- und Ausbau des Sponsorings, eine steigende Professionalisierung, Einsparungen und neue Konzepte und Angebote mehr Gelder generieren kann.

    Ging die Überlegung auf? Wie hat der Verein deine Stelle refinanzert?

    Ja, auf jeden Fall. Zum einen durch das erweiterte Sponsoring, aber vor allem durch die Reduzierung von unnötigen Ausgaben, die ich durch Analysen ausmachen konnte.

    So hatten wir zum Beispiel enorm hohe Fixausgaben für Versicherungen, Strom und Energie im Allgemeinen. Die Verträge waren gefühlt 100 Jahre alt und wurden einfach von Jahr zu Jahr verlängert ohne die Konditionen zu verbessern. Ich habe dann angefangen, alles auf den Prüfstand zu stellen. Durch Anbieterwechsel und Verhandlungen konnten wir so sehr viel Geld sparen. Auch durch die teilweise Digitalisierung der Mitgliederzeitung konnten Gelder und Ressourcen eingespart und der Verein gleichzeitig nachhaltiger werden.

    Zudem konnten wir durch neue Angebote neue Einnahmen generieren. Ich habe zum Beispiel versucht, Kooperationen mit Unternehmen einzugehen,  um mit ihnen gemeinsam eine betriebliche Gesundheitsförderung aufzubauen und so gleichzeitig dann auch das Angebot für unsere Mitglieder um Kurse wie Yoga, Zumba und Pilates erweitern zu können. Dadurch konnte ich einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten, dass meine Stelle finanziert werden konnte. Außerdem wurde der Mitgliedsbeitrag ganz leicht angepasst und mein Verein hat vorher schon gut gewirtschaftet, so dass er über ausreichend finanzielle Mittel verfügte, um die Mehrkosten zu tragen und zwar ohne große Einschnitte für die Abteilungen.

    Und was viele nicht wissen: Auch viele Städte und Kommunen unterstützen Vereine auf dem Weg zur Hauptamtlichkeit finanziell, ebenso die Landessportverbände. Das ist jedoch in allen Städten und Regionen anders geregelt, so dass man sich am besten Mal beim zuständigen Sportamt über die Möglichkeiten erkundigt.

    Blieb es denn tatsächlich anfangs nur bei den 20 Stunden für den Verein?

    Nicht so ganz. Ich habe auch ehrenamtliche Zeit als Trainer investiert und zusätzlich Schul-Kooperationen aufgrund meiner vorhandenen Lizenz übernommen.

    Du hast angesprochen, dass es ein wichtiges Kriterium war, wie du beim restlichen Verein angenommen wurdest. Wie waren die Reaktionen zunächst?

    Anfangs gab es schon ein paar skeptische Stimmen, da der Verein bis dahin rein ehrenamtlich geführt wurde und ich zusätzlich mit gerade einmal 23 Jahren ein sehr junger Geschäftsführer war. Bei Vielen hat man aber auch direkt eine Vorfreude gemerkt, dass eine neue Zeit im Verein anbricht. Durch meine offene, transparente Art habe ich es schnell geschafft, die meisten Skeptiker auf meine Seite zu ziehen.

    Am Ende war der Tenor, dass das Hauptamt eine große Erleichterung und Unterstützung für das Ehrenamt dargestellt hat. Wenn beide Seiten ihre Position und die des anderen akzeptieren und wertschätzen, ist das ein großer Gewinn für den Verein. Es liegt aber immer auch an einem selbst, wie man seine Position wahrnimmt!

    Du hast sehr viel Gutes über deine Erfahrungen berichtet. Wieso hast du schließlich doch im Verein aufgehört?

    Das hatte weniger mit dem Verein selbst zu tun. Nach den fünf Jahren habe ich gemerkt, dass es an der Zeit ist, eine neue Herausforderung anzunehmen, um mich selbst persönlich wie inhaltlich weiter zu entwickeln. Außerdem hat der Profifußball mich bereits seit meiner Kindheit begleitet und fasziniert, so dass ich die Chance, beim DFB zu arbeiten einfach ergreifen musste.

    Trotz deiner ganzen positiven Erfahrungen setzen immer noch ein Großteil der Vereine lieber ausschließlich aufs Ehrenamt, anstatt zusätzlich auch hauptamtliche Mitarbeiter*innen zu installieren. Was glaubst du, was die Hauptgründe dafür sind?

    Ich glaube, da kommen verschiedene Faktoren zusammen. Ein Grund ist Unwissenheit, also dass das überhaupt eine Option ist, was die konkreten Vorteile sind und wie das Ganze überhaupt finanziert werden kann. Eine wichtige Rolle spielt auch das immer noch oft vorherrschende traditionelle Denken und die Einstellung: „Bisher ging es doch auch ohne“. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass viele Angst vor den zunächst hohen Ausgaben haben und nicht sehen, welche langfristigen positiven Effekte das Hauptamt – auch finanziell – auf den Verein haben kann.

    Würdest du diesen Vereinen denn raten, aufs Hauptamt zu setzen?

    Auf alle Fälle würde ich dazu raten. Jeder Verein und jede Situation ist natürlich unterschiedlich. Daher muss es jeder Verein auf sich selbst anpassen und individuelle Konzepte finden. Es muss ja nicht zwingend eine 100% Stelle sein, sondern auch eine 50% Stelle wäre denkbar oder sogar das Hauptamt mit einem anderen Vereinen zu teilen.  Grundsätzlich ist das Hauptamt aber ein sehr großer Gewinn und in meinen Augen die einzige Chance, in Zukunft als Verein überleben zu können.

    Vielen Dank für das Interview, Markus!

  • Von der FSJ’lerin zur hauptamtlichen Geschäftsführerin beim Mülheimer Sportbund

    Erst FSJ, später Geschäftsführerin. Trotz ihres Background in der Psychologie ist Nicole direkt zur Geschäftsführerin aufgestiegen.

    Nicole Nussbicker entschied sich nach dem Abitur erst einmal für ein FSJ beim Mülheimer Sportbund e.V.. Trotz eines Studiums der Psychologie und der Erziehungswissenschaften brach der Kontakt dorthin nie ab. Mittlerweile ist sie dort als hauptamtliche Geschäftsführerin tätig und setzt sich für die Belange der Mitglieder ein.

    Hallo Nicole, erzähl uns doch erstmal etwas von dir.

    Als Kind habe ich im Verein Schwimmen gelernt und als Teenagerin im Leistungsbereich an Wettkämpfen teilgenommen. Meine Familie war ebenfalls im Verein aktiv: Meine Eltern im ehrenamtlichen Bereich und meine jüngere Schwester so wie ich im Leistungsschwimmen. Somit haben wir viel Zeit im Verein verbringen dürfen. Nachdem ich mit dem Schwimmen aufgehört habe, habe ich einige Jahre Handball gespielt und teste noch heute gerne neue Sportarten aus.

    Zudem habe ich eine Übungsleiter C-Lizenz sowie eine Prävention B-Lizenz für Übungsleitungen. Daneben habe ich verschiedene Fortbildungen zu unterschiedlichen Schwerpunkt absolviert. Besonders viel Spaß macht mit aktuell der Drums Alive Instruktor.

    Nach dem Abitur habe ich ein freiwilliges soziales Jahr im Mülheimer Sportbund e.V. (MSB) gemacht und anschließend Erziehungswissenschaften und Psychologie studiert. Seit 2014 bin ich beim MSB als Fachkraft für den Kinder- und Jugendbereich angestellt und durfte 2017 die Geschäftsführung übernehmen.

    Wofür genau ist der Mülheimer Sportbund zuständig?

    Der Mülheimer Sportbund e.V. (MSB) ist die unabhängige Gemeinschaft der Sportvereine, die ihren Sitz in Mülheim an der Ruhr haben und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. 

    Wir vertreten den Sport und die Interessen unserer Mitglieder und setzen uns insbesondere dafür ein, dass all unseren Mitgliedern und den Mülheimer Bürger*innen die Möglichkeit gegeben wird, unter zeitgemäßen Bedingungen Sport zu treiben. In Partnerschaft mit der Stadtverwaltung und der Politik, aber auch in enger Kooperation mit der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Gruppen setzen wir uns engagiert für die Belange des Sports in Mülheim an der Ruhr ein.

    Wie kam es dazu, dass du dich Jahre nach deinem FSJ für eine Tätigkeit dort entschieden hast?

    Ich hab von September 2008 bis August 2009 mein freiwilliges Soziales Jahr beim MSB gemacht. Während des Studiums habe ich Angebote in Kindertagesstätten und Angebote in Grundschulen gegeben. Der Kontakt zum MSB ist aber nie abgebrochen und so habe ich im Juli 2014 eine Vollzeitstelle als Koordinatorin für den Kinder- und Jugendsport übernommen. Im September 2016 habe ich die kommissarische Geschäftsführung übernommen und ab November 2017 die vollständige Geschäftsführung.

    Du hast Psychologie und Erziehungswissenschaften studiert. Da ist eine hauptamtliche Tätigkeit im Sport ja nicht unbedingt das Naheliegendste. Wieso hast du dich dafür entschieden?

    Es macht unglaublich Spaß und ist abwechslungsreich! Ich finde es interessant und spannend mit Menschen zusammen zu arbeiten, die ehrenamtlich tätig sind, weil sie ihre Sportart bzw. ihren Verein unterstützen und nach vorne bringen wollen.

    Ein besonderer Anreiz ist es für mich gemeinsam mit unseren Vereinen Angebote getreu unserem Motto „Bewegungsangebote für Jeden in jeder Lebenslage“ zu schaffen.

    Ich hatte vorher auch keinerlei Bedenken wegen meines eher ungewöhnlichen Backgrounds, sondern ich war gespannt auf die Herausforderung. Durch mein FSJ und meine Übungsleitertätigkeit kannte ich den MSB ja bereits und freute mich auf die Aufgaben, die mit der neu ausgeschriebenen Stelle einhergehen sollten.

    Welche konkreten Aufgaben übernimmst du im Sportbund?

    Als Geschäftsführerin beim MSB kommen viele verschiedene Aufgaben auf mich zu, ich bin zuständig für die Unternehmensplanung, Mitarbeiterführung, Finanzen, Nachwuchsförderung, strategische Ausrichtung, unser Haus des Sports, Antragsstellung für Fördermittel, Veranstaltungen bis hin zur Projektplanung und deren Durchführung. Unsere Hauptaufgabe ist es jedoch, uns für die Belange unsere Sportvereine einzusetzen.

    Warst du denn schon einmal vorher ehrenamtlich in einer ähnlichen Position tätig?

    Nein, in einem Vorstand nicht. Jedoch jahrelang als Übungsleiterin, Ferienspielbetreuerin und Trainerin. Die Übergänge sind allerdings fließend, weil wir leider die Aufgaben der Ehrenamtler*innen meist auf zu wenige Schultern verteilen können. Somit ist eine Aufgabe als Übungsleitung schneller mit „muss“ Aufgaben belegt und wird eher als „Job“ empfunden.

    Wie seid ihr personell beim MSB aufgestellt?

    Wir sind elf hauptamtliche Mitarbeiter*innen und eine Vielzahl von Ehrenamtler*innen. Alleine unser Vorstand besteht aus zwölf Mitgliedern, wovon zehn Ehrenamtler*innen sind. Unser Sportjugendvorstand ist komplett ehrenamtlich geführt, ebenso wie viele Übungsleitungen und Sporthelfer*innen, die uns in Projekten und bei Veranstaltungen unterstützen.

    Welche Ziele verfolgt ihr langfristig beim MSB?

    Langfristig wollen wir unser Motto „Bewegungsangebote für Jeden in jeder Lebenslage“ flächendeckend ausbauen. Kurzfristig beschäftigt uns natürlich aktuell der Umgang mit den Corona Einschränkungen für unsere Vereine und uns. Hier wollen wir unseren Vereinen die bestmögliche Unterstützung und Informationsweiterleitung zukommen lassen.

    Welche Vorteile bringt es den Vereinen, dass sie beim MSB auch hauptamtliche Ansprechpartner*innen zu haben?  

    Ein großer Vorteil ist es, dass wir als Dienstleister für unsere Vereine besser agieren können. Wir sind zu festen Zeiten erreichbar persönlich, telefonisch und auch per Mail. So können wir eine größere Bandbreite an Aufgaben übernehmen.

    Siehst du ein gewisses Spannungspotenzial, wenn einige haupt – und andere ehrenamtlich arbeiten?

    Ich glaube ein mögliches Spannungspotenzial hat nicht unbedingt etwas mit Ehrenamt und Hauptamt zu tun, sondern hängt mit der Definition der Aufgaben und der Personen selbst zusammen. Ist klar definiert, wer welche Aufgaben hat und allen agierenden Personen bewusst, wie wichtig sie sind, kann eine gewinnbringende Zusammenarbeit entstehen. Hauptamtler*innen und Ehrenamtler*innen bringen nämlich unterschiedliche, aber wichtige Aspekte in die Vereinsarbeit mit ein.

    Würdest du dir generell mehr Hauptamt im Sport wünschen?

    Definitiv ja! Als Entlastung des Ehrenamtes und mit den stetig wachsenden Aufgaben für Vereine kann Hauptamt vorteilhaft sein. So nimmt zum Beispiel die Bürokratie für Vereinsvorstände stetig zu, Organisationen werden aufwendiger und gerade das Jahr 2020 mit der Coronapandemie stellt uns und die Vereine vor neue Herausforderungen und Aufgaben, um nur drei Beispiele zu nennen.

    Warum setzen aber dann trotzdem immer noch sehr viele Vereine rein aufs Ehrenamt?

    Vor allem, weil sie ein großes Sicherheitsbedürfnis haben. Auch Finanzen sind ein großes Thema im Vereinsleben und das Hauptamt muss bezahlt werden. Wir beraten die Vereine auch gerne im Hinblick auf das Einsetzen von hauptamtlichen Kräften und weisen natürlich auch auf mögliche Förderungen hin. Jedoch sind die Bedenken noch oft sehr groß.

    Gibt es etwas, was du den Vereinen für die Zukunft raten würdest?

    Bleibt Euch treu! Die Sport- und Freizeitangebote können einen Verein nicht ersetzen. Vereine sollen sich auf ihre Werte berufen. Sport im Verein bedeutet nicht nur Bewegungsangebote, sondern auch das schulen und fördern von sozialen Kompetenzen in jedem Alter.