• Sports Maniac Podcast Folge #425 | Hauptamt statt Ehrenamt? Wie Klubtalent 10.000 Sportvereine transformieren will

    Wie Klubtalent 10.000 Sportvereine transformieren will

    In der aktuellen Ausgabe des Sports Maniac Podcasts erklärt Klubtalent Gründerin & Geschäftsführerin Marthe-Victoria Lorenz, warum die Professionalisierung der Sportvereine kein Widerspruch zu den vielen Ehrenämtern sein muss.

    Die Podcast-Themen im Überblick

    Sports Maniac Podcast Folge #425

    In einer spannenden Folge des Sports Maniac Podcast spricht Klubtalent-Gründerin und Geschäftsführerin Marthe-Victoria Lorenz mit Podcast Gastgeber Daniel Sprügel über das deutsche Sport- und Vereinssystem und was sich ändern muss, um in Zukunft  wettbewerbsfähig zu bleiben.

    Der Breitensport hat traditionell auf das ehrenamtliche Engagement gesetzt. Doch allzu oft fehlen die Zeitressourcen, die fachliche Qualifikation und die effizienten Organisationsstrukturen, um Sportvereine zu professionalisieren. Klubtalent positioniert sich hier als Wegweiser und „Vorstandstrainer“, der durch die Einführung von Hauptamtlichen eine nachhaltige Veränderung anstrebt.

    In der aktuellen Folgen werden auch Parallelen zwischen der Welt der Sportvereine und der Start-up-Branche gezogen. Warum sollte der Sport einen monetären Wert haben? Und wie finanziert sich Klubtalent, um seine Mission voranzutreiben?

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    „Was würdest du arbeiten, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Am liebsten im Sportverein. Aber das geht ja nicht. Dort wird man nicht bezahlt. Das ist doch ein Systemfehler.“

    Marthe-Victoria Lorenz

    Geschäftsführering & Gründerin Klubtalent

    Über den Podcast

    Quelle: Sports Maniac

    „Der Sports Maniac Podcast hilft dir dabei digitale Trends, Technologien und Innovationen im Sport zu verstehen und in deinem Business richtig anzuwenden.

    In den wöchentlich erscheinenden Episoden geht Host Daniel Sprügel den neuesten Sportbusiness Trends, Social Media Hypes und Tech Game Changern auf den Grund. Mit seinen namhaften Gästen aus der Branche spricht er über die Herausforderungen der Digitalisierung und auf welche Veränderungen sich Unternehmen, Agenturen, Medien, Vereine, Verbände und Ligen einstellen müssen.

    Der Sports Maniac Podcast ist der meist gehörte deutsche Sportbusiness Podcast und wurde in 2019 von Apple Podcasts als „Bestseller – aller Zeiten“ im Bereich Marketing ausgezeichnet.“

    Sports Maniac Podcast Cover

    Das hört sich interessant an?

     

     

    Ihr möchtet euren Verein von Anfang an so aufstellen, dass er sich selbst finanziert und alle Mitglieder entspannt und mit Freude aktiv sein können? 

    Wir unterstützen euch gerne mit unserem Programm „Hauptamt-ready“ dabei, eine hauptamtliche Stelle im Verein zu schaffen. 

    Design ohne Titel 1
  • Michael Franke: „Eine Lobby für kleine Vereine schaffen“

    Michael Franke setzt sich in einer Interessensgemeinschaft für kleine Sportvereine ein. Denn er findet: Der Sport braucht eine größere Lobby.

    Michael Franke ist der Inbegriff eines Vereinskinds: Nachdem er als kleines Kind das Fußballspielen beim FT München Gern gelernt hat, durchlief er dort nicht nur alle Jugendmannschaften und wurde später Spieler in der Herren- und Seniorenmannschaft, sondern übernahm auch verschiedene Ämter. Seit vielen Jahren bekleidet er nun das Amt des 1. Vorsitzenden und setzt sich darüber hinaus in einer Interessensgemeinschaft vor allem für die Bedürfnisse kleinerer Vereine ein. Denn er findet: Der Sport braucht eine größere Lobby. 

    Hallo Michael, wie kommt es, dass du bereits seit einiger Zeit sportpolitisch aktiv bist? 

    Mich stört es bereits seit vielen Jahren, dass Sportvereine und der Sport zwar gerne von der Politik genutzt werden, wenn es sich gut in ihren Reden macht, aber wenn wir etwas brauchen, wir oft allein dastehen. So gibt es zum Beispiel kaum Möglichkeiten, um unkompliziert kleinere Summen Gelder zu bekommen. Stattdessen müssen Vereine zig aufwendige Anträge stellen bzw. fast schon betteln. Ich wollte und will noch immer die Situation der Vereine verbessern und die Gesellschaft und die Politik dafür sensibilisieren, welchen Wert der Sport und besonders der Fußball haben. 

    Und wieso hast du dich für die Gründung einer Interessensgemeinschaft entschieden? 

    Ich habe schon lange Zeit halb im Ernst, halb im Spaß gesagt, dass ich gerne eine Partei mit Fokus Sport gründen möchte. Der Gedanke wurde dann irgendwann realer – nur wurde es dann eine Interessensgemeinschaft statt einer Partei. Die Gründung eines Vereins oder einer Partei hätte wieder einen enormen bürokratischen Aufwand bedeutet, was wir so nicht wollten. Initiiert wurde diese von 10 Vereinsvertreter*innen. Mittlerweile sind wir jedoch eine ganze Reihe von Akteur*innen aus verschiedenen Bereichen. 

    Wäre das Übernehmen eines sportpolitischen Amtes nicht auch eine Alternative gewesen? 

    Tatsächlich haben wir relativ schnell nach unserer Gründung Angebote aus der Politik und von Verbänden bekommen, ob wir nicht in Gremien mitarbeiten wollen. Dies war jedoch keine Option für uns, weil wir dann wieder Teil des Systems gewesen wären und es uns vermutlich eher schwerer als einfacher gemacht hätte, Änderungen voranzutreiben. 

    Wie würdet ihr euch beschreiben? 

    Wir sehen uns als Vertreter*innen der kleinen Vereine. Dabei meinen wir jedoch auch noch Vereine, die um die 800 Mitglieder haben. Auf kommunaler Ebene werden eher die Stimmen der größeren Vereine gehört. Im Sportausschuss sitzen z.B. zwölf Vertreter*innen von großen Vereinen und nur zwei von kleinen.

    Die Realität in der Kommune ist aber genau andersherum. Natürlich ist es wichtig, dass auch die großen Vereine Gehör finden, aber man darf nicht vergessen: Die großen Vereine haben ganz andere Strukturen und Möglichkeiten, als es die kleinen haben und wenig Einsicht, wie deren Lage ist. Deswegen passiert auf kommunaler Ebene zu wenig für kleinere Vereine und das möchten wir ändern. 

    Der Sport und vor allem der Fußball schreiben in letzter Zeit vor allem Negativschlagzeilen. Wieso ist er in deinen Augen besser als sein Ruf? 

    Der Fußball hat einen enormen sozialen bzw. gesellschaftlichen Wert. Als Teamsport ist dort ein Gemeinschaftsgefühl unabdinglich. Es gibt dort ein schönes Sprichwort: Dem Ball ist es egal, wer gegen ihn tritt. 

    Und genau so ist es. Es spielt keine Rolle, welche Sprache du sprichst, was du arbeitest oder welche religiösen oder politischen Ansichten du hast. Im Sportverein werden Räume der Begegnung geschaffen und es treffen sich Personen und kommen ins Gespräch, die sich in einem anderen Kontext so nie sehen würden. Hinzu kommt natürlich, dass frische Luft und Bewegung superwichtig sind. 

    Gibt es dieses Bewusstsein auch in der Politik? 

    Ich habe das Gefühl, dass der Sport oft noch als ein bisschen rumlaufen und Bälle werfen bzw. treten gesehen wird. Allein ein Blick in die Bundestagswahlprogramme der Vereine hat gezeigt, wie gering der Stellenwert des Sports ist, denn er war dort kaum vertreten. Im Bereich der Gesundheitsförderung fand er zum Beispiel keine Erwähnung. 

    Und mit Blick auf die Mitglieder? 

    Sehr ambivalent. Ich erinnere mich noch daran, dass eine Mutter mal zu mir kam und es gar nicht glauben konnte, dass mein Engagement im Verein nicht mein Beruf ist. Ich habe ihr dann erklärt, dass mit den niedrigen Mitgliedsbeiträgen, die gezahlt werden, dies nicht möglich ist. Ich habe mir mal den Spaß gemacht auszurechnen, wie viel Geld dieehrenamtlich erbrachten Leistungen in unserem Verein mit gut 700 Mitgliedern wert sind. Da sind wir alleine bei uns bei einem Betrag von über einer halben Million Euro pro Jahr. Diese Rechnung machen jedoch viele Personen nicht. 

    Was glaubst du: Woher kommt das? 

    Ich glaube, bei vielen ist noch der Gedanke im Kopf verankert: „Das hat noch nie etwas gekostet“ und Vereine haben die Angst, dass sie dadurch wohlmöglich jemand ausschließen könnten. Viele Vereine tun sich auch damit schwer, sich als Dienstleister zu sehen. Aber Vereine haben sich weiterentwickelt. Es steht da nicht mehr nur eine Person rum, die einen Ball reinwirft, sondern qualifizierte Personen. Nur die Mitgliedsbeiträge, die haben sich nicht signifikant weiterentwickelt. 

    Wie kann sich das ändern? 

    Wir haben dafür das Projekt „Eisbrecher“ ins Leben gerufen. Wir diskutieren aktuell unsere Mitgliedsbeiträge ungefähr zuverdreifachen und dann mal sehen, was passiert. Mit den Mehrerlösen könnten wir die Trainer und Trainerinnenzumindest im Rahmen der steuerfreien Übungsleiterpauschale vergüten, die es ja genau dafür gibt. Wir glauben, dass wir dadurch eine Art Dominoeffekt lostreten können und andere Vereine nachziehen werden.

    Aber es muss sich jemand trauen, den Beginn zu machen. Daher der Begriff Eisbrecher. Grundsätzlich bedarf eine deutliche Anhebung der Mitgliederbeiträge vor allem absoluter Transparenz. Es muss absolut nachvollziehbar sein, was mit den Beiträgen passiert. Aktuell ermitteln wir die Zuordnung der bestehenden Kosten, um im Anschluss genau zu definieren, wie viele Mittel zusätzlich benötigt werden. Dafür Sponsoren zu suchen birgt letztlich enorme Risiken, wenn diese Mittel ausbleiben. Wenngleich die Wirtschaft auch gefordert ist, die Arbeit in den Vereinen, die letztlich die Basis für kreative, entscheidungsfreudige und sozial kompetente Mitarbeiter*innen schafft, zu unterstützen. 

    Und wie geht ihr eure Lobbyarbeit an?

    Am wichtigsten ist die Vorarbeit. Welche Personen in der Politik sind die richtigen Ansprechpersonen? Wofür stehen sie und ihre Parteien? Und dann den Kontakt mit ihnen suchen und ein Netzwerk aufbauen. Meiner Erfahrung nach funktioniert der persönliche Kontakt deutlich besser, als nur Emails oder ähnliches zu schreiben. Außerdem muss man seine eigenen Inhalte vorbereiten. Es reicht nicht, bloß alles zu kritisieren und Geld zu fordern. Stattdessen sollte man konkrete Probleme ansprechen, am besten mit Beispielen und konkrete Lösungsvorschläge unterbreiten. Ein weiterer Vorteil: Die Themen werden so für die Medien auch interessant. 

    Habt ihr auch eng mit der Presse zusammengearbeitet? 

    Ja, auf jeden Fall. Der Kontakt zu den Medien war mir auch schon immer in meiner Vereinsfunktion wichtig und ich habe ihn gepflegt. Das kam uns jetzt zugute. Zum Start unserer Interessensgemeinschaft haben wir eine Pressekonferenz abgehalten, die sehr gut von den lokalen Medien aufgegriffen wurde. Es ist zudem ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung erschienen, so dass die Politik und die Verbände gar nicht an uns vorbeikamen. Was ich jedoch spannend finde: Das unsere Themen nur von den Sportressorts aufgegriffen werden, obwohl sie ebenso politisch und gesellschaftlich relevant sind. 

    Ist euer Eindruck, dass die Politik euch und eure Anliegen ernst nehmen? 

    Ihnen ist schon bewusst, dass der Sport viele Wähler*innenstimmen auf sich vereint. Alleine in München sind es um die 600.000 Personen. Manchmal muss man aber auch etwas tricksen. Wir haben zum Beispiel bei den letzten Kommunalwahlen allen Kandidat*innen einen Fragekatalog zukommen lassen. An den dabei abgegebenen Statements müssen sich die in die politische Verantwortung gelangten Personen später messen lassen. Das Gute: Der Sport ist so breit aufgestellt, dass viele Personen sich dort wiederfinden und es gibt eigentlich kein Dorf ohne Sportverein. Das Thema geht also alle an!

    Was würdet ihr anderen Vereinen / Personen raten, die ebenfalls Lobbyarbeit machen wollen? 

    Einen langen Atem und die Bereitschaft viel Energie investieren zu wollen und zu können. Es reicht nicht aus, ein Thema einmal zu platzieren. Stattdessen muss man ständig Präsenz zeigen und den Entscheidungsträger*innen das Gefühl geben, dass man genau beobachtet, was sie entscheiden. 

    Habt ihr momentan ein Thema, an dem ihr besonders intensiv arbeitet?

    Ja, ein Fokusthema ist es, dass Sportvereine leichter an öffentliche Gelder kommen können. Außerdem arbeiten wir weiter daran, dass das Bewusstsein der Gesellschaft weiter dafür wächst, was Vereine alles leisten und welcher Apparat hinter so einem Verein steckt. Mittel- bis langfristig hoffen wir, dass die Themen auch auf Bundesebene an Gewichtigkeit gewinnen und die Finanzierung des Ehrenamts in Form steuerfreier Zuschüsse als öffentliche Aufgabe der Daseinssicherung eingeordnet wird. 

    Danke für das Interview!

    Siehe auch: „Wertschätzung und Anerkennungskultur alleieine reichen nicht“

  • Gitta Axmann: Warum es einen ganzen Verein zum Schutz der Mitglieder braucht

    Im Interview berichtet Gitta Axmann u.a. wieso Vereine sich mit der Prävention von Gewalt auseinandersetzen sollten.

    Gitta Axmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Deutschen Sporthochschule und zudem seit vielen Jahren als Fachberaterin für Sportorganisationen und -vereine im In- und Ausland im Breitensport unterwegs. Einer ihrer Schwerpunkte: Sexualisierte Gewalt. Im Interview mit uns berichtet sie u.a. über verschiedene Formen von Gewalt, wieso sich jeder Verein mit der Prävention von Gewalt auseinandersetzen sollten und wie eine Kultur des Hinsehens geschaffen werden kann. 

    Hallo Gitta, viele Personen tun sich mit dem Thema „Sexualisierte Gewalt“ schwer. Du beschäftigst dich damit ganz bewusst intensiv. Wie kam es dazu? 

    In den 1990er Jahren war ich als Vorstandsmitglied im Allgemeinen Deutschen Hochschulverband aktiv und dort u.a. für das Ressort „Frauen und Sport“ zuständig. Bereits damals hatten wir Seminare zu „Sexuelle Gewalt und Sport“, die immer sehr interessant und wegweisend waren. Zu dieser Zeit gab es auch den ersten bekannten Fall im Sport, der für einen medialen Aufschrei gesorgt hat, wenn auch nur für kurze Zeit.

    Wenig später habe ich dann meine Diplomarbeit geschrieben. Für mich war immer das Thema Aufklärung von Mitgliedern bzw. möglichen Betroffenen wichtig, damit diese wissen: Was ist in Ordnung? Und was nicht? Im Rahmen meiner Diplomarbeit habe ich dann ein Konzept zu der Frage entwickelt: Stellen Sport und Bewegung mit Mädchen eine Möglichkeit zur Prävention sexueller Gewalterfahrungen dar? Ich habe ein Praxiskonzept über 20 Einheiten entwickelt und in mehreren Schulen erfolgreich durchgeführt. Und seitdem hat mich diese Frage nicht mehr losgelassen. 

    Forschst du auch im universitären Kontext zu diesem Themenfeld?

    Ja, unter anderem. An der Deutschen Sporthochschule gibt es immer wieder Forschungsprojekte dazu. Zuletzt habe ich zum Beispiel am Projekt TrainNah mitgewirkt. Ziel des Projekts ist es, durch Befragungen von Trainer:innen sowie Athlet:innen aus dem Nachwuchsleistungsbereich den Umgang mit Nähe und Distanz zu untersuchen und darauf aufbauend Trainer:innen-​Schulungen zu entwickeln und diese dann auch umzusetzen. 

    Durch deine Tätigkeiten hast du sowohl einen wissenschaftlichen Zugang als auch einen zu Führungskräften und der Basis. Wie ist deine Einschätzung: Ist das Risiko in Sportvereinen Gewalt zu erleben größer als in anderen Teilen der Gesellschaft?

    Ich glaube, die Antwort auf diese Frage muss man sehr differenziert sehen. In absoluten Zahlen ist dies gut möglich, da der Sport eine der größten Organisationen in Deutschland ist. In Prozentzahlen ist dies nur schwer zu beantworten. In vielen gesellschaftlichen Bereichen liegen keine Zahlen vor bzw. es gibt kaum Studien, zum Beispiel für den Bereich Theater oder der Musik. Nehmen wir das Beispiel Musik: Beim Erlernen eines Instruments nehmen viele Kinder und Jugendliche Einzelunterricht, was ein Risiko mit sich bringt.

    Zudem gibt es in allen Bereichen eine nicht zu ermittelnde Dunkelziffer, so dass Vergleiche schwierig sind. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass die meisten Gewaltvorfälle im familiären Umfeld geschehen. Zudem wurde lange Zeit angenommen, dass Gewalt im Sport vor allem in geschlossenen Systemen wie Sportinternaten oder Stützpunkten vorkommen. Es hat sich jedoch mehr und mehr gezeigt, dass Vorfälle genauso oder vielleicht sogar häufiger im normalen Vereinssetting geschehen. 

    Wieso neigen einige Täter:innen dazu, sich einen Sportverein „auszusuchen“?

    Hier gibt es verschiedene Gründe. Sport ist natürlich sehr beliebt und in Deutschland von den allermeisten Kindern und Jugendlichen Teil der Biografie. Dabei ist er mit positiven Werten und Attributen wie Fairplay, Charakterbildung, soziale Kontakte, Spaß und Bewegung verbunden- und das regelmäßig, was bedeutet, dass Täter:innen Zeit haben sexualisiere Übergriffe zu planen. Teilweise haben Vereine einen fast schon familiären Charakter. Hinzu kommt die Körperzentriertheit des Sports. Dusch- und Umkleidesituationen gehören genauso dazu, wie gewisse Berührungen, z.B. Hilfestellungen. Für Täter:innen ist es daher relativ leicht, diese Besonderheiten des Sports zu ihren Gunsten zu nutzen. 

    Gibt es dort Unterschiede im Breiten- und Leistungssport? 

    Im leistungsorientierten Sport kommen meist noch andere Faktoren „begünstigend“ hinzu. Sportler:innen sind darauf getrimmt, über ihre Grenzen zu gehen, es wird von ihnen Disziplin gefordert und dass sie alles ihrem Traum unterordnen. Ganz oft fallen Sätze wie: „Das gehört dazu, um erfolgreich zu sein“ oder „Du musst über deine Grenzen gehen!“. 

    Zudem leben Leistungssportler:innen oftmals in geschlossen Systemen und haben kaum Kontakte außerhalb. Dieses Leben wollen sie nicht verlieren. Oftmals ist ihnen auch gar nicht bewusst, dass das Verhalten anderer ihnen gegenüber nicht „normal“. bzw. grenzüberschreitend ist. 

    Hast du das Gefühl, dass Vereine ein Risikobewusstsein dafür haben? 

    Ja und nein. Mittlerweile wurde so viel über verschiedene Vorfälle medial berichtet, dass es unmöglich ist, als Verein keine Kenntnis darüber zu haben, dass solche Fälle vorkommen. Auch die Landes- und Fachverbände informieren sie regelmäßig und bieten Schulungen an. Aber es gibt noch eine große Zahl an Vereinen, die sich kaum bis gar nicht mit dem Thema beschäftigen, und zwar aus verschiedenen Gründen. 

    Was sind das für Gründe? 

    Ein Problem sind die rein ehrenamtlichen Strukturen. Von Vereinen wird immer mehr erwartet. Sie sollen sich im Bereich der Integration engagieren, im Bereich der Inklusion, geschlechtliche und sexuelle Vielfalt fördern und so könnte man weitermachen. Gerade kleine Vereine sind oft überfordert mit der Fülle von Aufgaben, die sie erledigen sollen. In der Priorisierung von Themen fällt dann die Prävention sexualisierter Gewalt oft hinten runter. Für viele ist das Thema zu „nah“ bzw. zu schwer und sie behandeln lieber andere wichtige, aber für sie leichtere Themen. Außerdem haben viele Vereine die Angst, dass man denken könnte, bei ihnen gab es einen Vorfall, wenn sie sich nun damit beschäftigen. 

    Was muss sich ändern? 

    Wir müssen dahin kommen, dass Maßnahmen zur Prävention von Gewalt genauso normal werden wie TÜV-Abnahmen für Sportgeräte, Brandschutzmaßnahmen oder Erste-Hilfe-Kurse und sie zum Bereich ‚Sicherer Sport‘ gehören. Es muss Vereinen klar werden, dass es ihre Pflicht ist, ihre Mitglieder im Rahmen der Garantenpflicht zu schützen. Was tatsächlich oft ein Augenöffner ist: Den verantwortlichen Personen vor Augen zu führen, dass sie selbst Eltern sind oder jüngere Geschwister oder andere Kinder in ihrer Familie/ in ihrem Umfeld haben und sie zu fragen, welches Vereinsumfeld sie sich für diese wünschen bzw. dass es auch diesen Kindern passieren kann, sexualisierte Gewalt zu erleben. Das gilt es bestmöglich zu verhindern. 

    Abgesehen vom Schutz der Mitglieder – wieso sollten Vereine mehr Wert auf Präventionsmaßnahmen legen? 

    Neben den Mitgliedern schützt es auch die Ehrenamtlichen. Zum einen baut es Ängste und Unsicherheiten ab, zum anderen sichert es sie aber auch im Fall eines Vorfalls ab bzw. kann vor falschem Verdacht schützen. Der Trend bei der Strafverfolgung geht mittlerweile dazu, sich nicht nur auf die Täter:innen zu fokussieren, sondern auch das Umfeld zu fragen: Was wusste der Verein? Was hat der Verein für Maßnahmen ergriffen? Zudem können Vereine ein gutes Schutzkonzept als Qualitätsmerkmal sehen, um so mehr Mitglieder zu gewinnen. 

    Was sind Minimum Anforderungen, die jeder Verein umsetzen sollte? 

    Als erstes sollte man als Verein anerkennen, dass es verschiedene Formen von Gewalt im Sport gibt und diese auch im eigenen Verein vorkommen können. Außerdem braucht es ein Bewusstsein, dass es den gesamten Verein braucht, um die Mitglieder zu schützen. Es reicht nicht, eine Ansprechperson zu benennen und zu glauben: Die wird es schon richten. Eine Ansprechperson ist auf jeden Fall wichtig, aber es sollten alle geschult bzw. zumindest dafür sensibilisiert sein.

    Ebenfalls wünschenswert sind Arbeitsgruppen und dass das Thema regelmäßig im Vorstand thematisiert wird. Außerdem sollten Vereine Leitlinien erarbeiten: Wofür stehen wir? Was sind unsere Werte? Welche Kultur / Atmosphäre wollen wir pflegen? Wie gehen wir mit Nähe und Distanz um? Und darüber direkt deutlich machen, dass z.B. anzügliche / sexistische Sprüche keinen Platz im Verein haben.

    Darüber hinaus sollten sie sich über die Risiken im Verein bewusstwerden und präventiv klären: Wie gehen wir mit Einzeltrainings um? Wie mit Umleidesituationen? Um so gar keineMissverständnisse aufkommen zu lassen. Diese Leitfäden selbst zu erarbeiten, ist dabei deutlich aufwändiger, aber auch effizienter, als den Vereinen immer schon fertige vorzusetzen, die vermutlich niemand liest.

    Sollte man Kinder und Jugendliche miteinbinden? 

    Auf jeden Fall! Diese können ihre Bedürfnisse oft sehr gut kommunizieren. Sie wissen zum Beispiel am besten, was eine Ansprechperson mitbringen sollte, damit sie sich an sie wenden. Zudem hat sich gezeigt, dass viele – gerade junge Betroffene sich erst einmal an Freund:innen wenden. Deshalb ist es wichtig, dass sie wissen, dass sie damit nicht alleine zurechtkommen müssen, dass sie nicht Schuld sind und an welche Erwachsene sie sich wenden können. 

    Was gilt es noch zu beachten? 

    Der Aufbau eines Präventionskonzepts braucht Zeit und es reicht nicht, das Thema einmal abzuhandeln. Außerdem ist es wichtig, dass eine Ansprechperson nicht alles alleine leisten muss und es vollkommen in Ordnung ist zu sagen: Es überfordert mich, mich mit diesem Fall auseinanderzusetzen oder es übersteigt meine Kompetenz.

    Es ist ein bisschen wie mit einem Armbruch eines:r Spieler:in. Ich muss als Trainer:in wissen, dass ich dann den Krankenwagen rufen muss, aber ich muss den Arm nicht selbst operieren. So ist es hier auch: Ich muss wissen, was zu tun ist und an wen ich mich wenden sollte, aber ich muss nicht alleine den Fall aufarbeiten und den:die Betroffene:n psychologisch betreuen. Dafür ist es aber unabdinglich, dass es eine entsprechende Struktur im Verein gibt. 

    Kann eine hauptamtliche Stelle einen Beitrag dazu leisten, diese Strukturen in einem Verein zu schaffen?

    Absolut – allerdings mit der Einschränkung, dass es natürlich Personen – auch im Vorstand  – braucht, die sich dem Thema annehmen. Aber wir sehen, wie komplex das Thema ist und durch die geschaffene Hauptberuflichkeit fällt die „Ausrede“ der fehlenden zeitlichen Ressourcen ein Stück weit weg – entweder, weil sie sich dem Thema selbst annimmt oder aber Ressourcen für die Ehrenamtlichen schafft. Nichtsdestotrotz darf dann auch hier nicht der Fehler gemacht werden, dass die Aufgabe dann nur auf die hauptberuflichen Kolleg:innen abgewälzt wird. Wie gesagt: Es ist eine Aufgabe für den gesamten Verein und nur so kann das Thema nachhaltig etabliert werden. 

    Danke am Gitta Axmann für das Interview!

    Lese auch: Wieso eine hauptamtliche Stelle deinen Verein zu einem sichereren Ort werden lassen kann

  • KreisSportBund Hildesheim: 3 Fragen an Philipp Garmann

    Philipp Garmann arbeitet als Sportreferent für Vereins- und Organisationsentwicklung & Sportjugend beim KreisSportBund Hildesheim. Einer seiner Hauptaufgaben ist es dabei, Vereine bei Herausforderungen zu unterstützen. Dabei ist auch das Thema „Hauptamt im Verein“ immer wieder im Gespräch. Daher veranstaltet der KreisSportBund Hildesheim nun gemeinsam mit Klubtalent am 26.01.22 eine Online-Vereinssprechstunde. Im Vorfeld haben wir mit Philipp über die Sprechstunde und die aktuelle Situation der Vereine in der Region gesprochen. 

    Hallo Philipp, wie schätzt du die aktuelle Situation eurer Vereine ein? 

    Die aktuelle Zeit ist eine große Herausforderung für alle Sportvereine. Die Sportvereine kommen langsam wieder in einen „Normalbetrieb“, da durch die 2G-/3G-Regelungen der Vereinssport wieder in einem ähnlichen Rahmen wie zuvor stattfinden kann. Die Vereinsvorstände leisten super Arbeit und sind stets bereit sich den wechselnden Bedingungen und Auflagen zu stellen, die sich durch die schnell, wechselnden Verordnungen ergeben haben. Dennoch ist eine klare abnehmende Tendenz der Mitgliederzahlen, nicht nur aufgrund von Corona, zu erkennen.

    Aber nicht nur die Mitglieder, sondern auch die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, nimmt ab. Somit werden immer wieder Übungsleiter*innen in verschiedenen Sportarten oder aber auch Nachfolger*innen für Vorstandsämter gesucht. Die Komplexität nimmt auch im Sport zu, sodass immer mehr Bereiche wie z.B. Nachhaltigkeit und Digitalisierung Teil des Vereinsleben werden. Das hat zur Folge, dass auch die Zahl der Aufgaben zunehmen, die auch bearbeitet werden können. Deswegen müssen sich Vereine auch schon frühzeitig mit einer strategischen Ausrichtung auseinandersetzen, um an sich an die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen anpassen zu können.

    Du sprachst davon, dass die Aufgaben für Vereine immer weiter zunehmen. Kann Hauptamt eine Bereicherung für Vereine sein? 

    Da die anfallenden Aufgaben wie gesagt immer mehr zunehmen und im Gegenzug es immer schwerer wird, Personen dafür zu finden, schaffen die vorhandenen ehrenamtlichen Vertreter*innen es nicht mehr, neben dem eigenen Beruf dieses zu erledigen. Das sind aber eben nicht nur Aufgaben, die den Vereinsalltag betreffen, sondern auch die Aufgaben, die über die Zukunft des Vereins von existenzieller Bedeutung sind. Muss ich mein Sportangebot anpassen, weil es nicht mehr zeitgemäß ist oder muss die Struktur des Vorstands aufbrechen, um eine neue Attraktivität des Vereins zu generiere? Durch das neu eingeführte Hauptamt können sowohl strategische als auch alltägliche Aufgaben erledigt werden, die zuvor liegen geblieben oder aber auch erst gar nicht angegangen werden konnten.  

    Was erhofft ihr euch vom Webinar? 

    Wir vom Kreissportbund sehen uns stets als „Dienstleister“ für die Vereine. Durch Fördergelder, Ideen und Veranstaltungen versuchen wir die Vereine so gut es geht zu unterstützen. Da die Entwicklungen uns auch bewusst sind und die Vereine vor immer größeren Herausforderungen stehen werden, möchten wir die Möglichkeit bieten, sich über die Option einer Einführung des Hauptamts Gedanken zu machen. Bei dieser Online-Vereinssprechstunde sollen die möglichen Bedenken angesprochen und womöglich auch geklärt werden und die positiven Erfahrungen anderer Vereine geteilt werden. Am Ende möchten wir unseren Vereine eine weitere Möglichkeit aufzeigen, wie sich der eigene Verein für die Zukunft aufstellen kann. 

    Hier geht’s zur Anmeldung.

    Hier geht’s zum Hauptamt-ready Programm.

    Über den KreisSportBund Hildesheim e.V.

    Quelle: kreissportbund-hildesheim.de

    Der KreisSportBund Hildesheim e. V. (KSB) ist der Dachverband der Sport treibenden Vereine und Verbände in der Region Hildesheim.

    Er ist dem LandesSportBund (LSB) Niedersachsen untergeordnet, welcher sich in 47 Sportbünde in insgesamt 18 Sportregionen aufgliedert.

    Der KSB Hildesheim bietet ein vielfältiges Service- und Förderangebot.
    Die Vereine und Mitglieder werden hierbei von der Geschäftsstelle mit 6 hauptamtlichen Mitarbeitern betreut. Zudem bietet der Verein ein breites Aus- und Fortbildungsangebot rund um den Sport an, welche in der eigenen Sportlehrstätte stattfinden. Weitere Bereiche sind die Integration im und durch Sport, die Bearbeitung der Sportabzeichen, die Beratung rund um das Thema Förderungen und Förderanträge, die Vereins- und Organisationsentwicklung, die Organisation und Durchführung von sportbezogenen Veranstaltungen und die Sportjugend mit ihren Kinder- und Jugendfreizeiten.

    Der KreisSportBund hat ein breites Netzwerk und ist die Kommunikationsschnittstelle zwischen den Sportvereinen und Institutionen bzw. der Stadt und dem Landkreis Hildesheim.

  • Klubtalent zu Gast bei…

    Vereinsstrategen: Hauptamt – Etwas für meinen Verein?

    Ausschnitt: Wir haben in den letzten Monaten viel über die Gewinnung von Ehrenamtern gesprochen und geschrieben. Schließlich sind 93% der deutschen Vereine laut Sportentwicklungsbericht ausschließlich ehrenamtlich geführt. Allerdings stellt man fest, dass die Besetzung gerade von Vorstandsposten immer schwieriger wird. Spätestens wenn Aufgaben nicht mehr im Verein erfüllt werden können, wird sich der verbleibende Vorstand Gedanken über das Thema Hauptamt machen müssen, um die Fortführung des Vereins zu gewährleisten. Neben Pascal, welcher selber jahrelang ehrenamtlich als auch hauptamtlich in Vereinen gearbeitet hat, haben wir uns eine Expertin in den Podcast eingeladen. Marthe-Victoria Lorenz beschäftigt sich mit ihrem aktuellen Projekt „Klubtalent“ ebenfalls sehr stark mit dem Thema des Hauptamtes im Verein. Herausgekommen ist ein sehr interessantes Gespräch über die Sinnhaftigkeit, die Probleme und die Umsetzung von Hauptamt im Verein. Der Blog stellt dabei eine gekürzte Zusammenfassung des Gespräches dar.

    Zum Podcast.

    VolleyballFreak: Ehrenamt ist wichtig, Hauptamt auch. Ein Plädoyer für mehr und bessere Bezahlung in Volleyballvereinen.

    Ausschnitt: Seit Anfang Dezember lebt Christian von Bargen seinen Traum. Er ist hauptamtlicher Vereinsmanager in seinem eigenen Verein. Seitdem verdient er seine Brötchen damit, Schul-AG aufzubauen, Kinder dort für den Basketball zu begeistern, neue Ehrenamtliche im Verein zu gewinnen, Sponsoren anzusprechen, und die Geschicke im Verein zu koordinieren. Bezahlt. Und das, obwohl der Verein nur 120 Mitglieder zählt. 

    Zum Beitrag.

    Vereinsticket: Vereinstalk #5 – Wie Vereine an hauptamtliche Mitarbeiter kommen

    Ausschnitt: Klubtalent unterstützt Sportvereine dabei, hauptamtliche Stellen aufzubauen. Wie das Start-up auf die Idee dazu kam, welche Vorteile hauptamtliche Beschäftigte für Vereine – aber auch die Gesellschaft – haben und wie die neuen Mitarbeitenden finanziert werden können, verrät Marthe-Victoria Lorenz. 

    Zum Interview.

  • FC Internationale Berlin: „Wertschätzung und Anerkennungskultur alleine reichen nicht“

    Gerd Thomas vom FC Internationale berichtet, wieso Hauptamt alternativlos ist und Wertschätzung alleine nicht ausreicht.

    Gerd Thomas ist nicht nur Vorsitzender des FC Internationale Berlin, sondern auch in der Initiative „Rettet die Amateure“ engagiert. In einem Gastbeitrag für Klubtalent berichtet er, wieso Hauptamt in manchen Vereinen alternativlos ist und es nicht mehr reicht, nur seine Wertschätzung für das Ehrenamt auszudrücken

    „Das Ehrenamt, es lebe hoch.“ Zur Untermauerung gibt es nun eine neue Studie, in der wieder einmal der Wert des Ehrenamtes hochgerechnet wird. In warmen Worten wird dazu von DFB-Funktionären propagiert: „Unsere gemeinsame Aufgabe in der Gesellschaft ist es, die Wertschätzung und Anerkennungskultur dafür weiter zu verbessern. Denn Ehrenamt ist und bleibt unbezahlbar.“ 

    Die Mahnung ist gut gemeint, doch Wertschätzung und Anerkennungskultur alleine werden nicht mehr reichen. In mittleren und größeren Vereinen braucht das Ehrenamt Unterstützung durch hauptamtliche Strukturen. 

    Die Last auf mehrere Schultern verteilen

    Das haben wir beim FC Internationale Berlin bereits vor einigen Jahren erkannt und wesentliche Dinge wie die Mitgliederverwaltung, den Spielbetrieb oder die Betreuung und Planung der Sportstätten professionalisiert. Ein Geschäftsstellenleiter wurde eingestellt, zusammen mit dem Bildungsträger RheinFlanke wurde ein Engagement-Projekt entwickelt, mit dem soziale und Teilhabe-Maßnahmen umgesetzt werden. Für das kommende Jahr soll es Unterstützung durch weitere hauptamtliche Kräfte geben. Zudem beschäftigt der Verein schon jetzt zwei FSJlerinnen für sportliche und Verwaltungsaufgaben sowie eine Werkstudentin mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Marketing. 

    Da der Verein momentan noch nicht über nennenswerte Sponsoren verfügt (was sich ändern soll), muss das Geld für das Hauptamt vor allem aus Beiträgen der Mitglieder und Spenden generiert werden. Hierfür war es nötig, die Mitgliedsbeiträge deutlich anzuheben, eine nie populäre Entscheidung. Durch eine sehr starke und transparente Kommunikation in den Verein hinein, konnten Spielerinnen und Spieler sowie Eltern aber überzeugt werden, dass der eingeschlagene Weg alternativlos ist, will sich ihr Club behaupten und weiterentwickeln. Denn die Bemühungen, für einen Verein mit mehr als 1200 Mitgliedern und 50 Teams im Spielbetrieb genügend Freiwillige zu finden, um die ganze anfallende Arbeit zu erledigen, erwiesen sich als illusorisch. Die Arbeitswelt hat sich einfach zu stark verändert, der Fachkräftemangel zwingt viele zu Überstunden. Gleichwohl werden die Ansprüche an einen Sportverein im Zentrum der deutschen Hauptstadt nicht gerade kleiner. 

    Durch Transparenz zu höheren Mitgliedsbeiträgen

    Letztlich war der Widerstand gering, nur sehr wenige hatten große Bedenken. Damit auch Menschen aus wirtschaftlich schwächeren Verhältnissen weiterhin im Verein sein können, wurden zwei Schritte vollzogen: Es gibt einen ermäßigten Beitragssatz für ärmere Personen, und es wurde bereits vor zehn Jahren der so genannte Inter-Sozial-Fonds eingerichtet. Mit diesem kann der Verein Mitgliedern in Notlagen unterstützen, aber auch dafür sorgen, dass niemand aus finanziellen Gründen bspw. von einer Mannschaftsreise ausgeschlossen bleibt. Vereinsintern wurde das geflügelte Wort „Internationale Solidarität“ geprägt. 

    Da der Verein sich für die Zukunft einiges vorgenommen hat, ist man auf der Suche nach Partnern, die den FC Internationale finanziell unterstützen, um bspw. das Nachhaltigkeits-Projekt noch stärker voranzutreiben. Dem Verein wurde 2021 als erstem Amateurclub das ZNU-Nachhaltigkeitszertifikat durch den TÜV Rheinland verliehen. Ein anderes Feld ist die (Aus-)Bildung, denn der Verein verfügt über sehr viele junge Menschen, über 700 sind unter 25 Jahre alt. Die Fachkräfte von morgen finden Unternehmen also nicht zuletzt auf dem Fußballplatz. Hier lohnt es sich, entsprechende Investitionen vorzunehmen. So kann sich der Vorstand durchaus vorstellen, eine*n Sozialarbeiter*in zu beschäftigen, der Trainerinnen und Trainer unterstützt. 

    Große Pläne für die Zukunft

    Der FC Internationale ist seit 2007 Integrationsstützpunkt der Sportjugend, wofür es allerdings keine Förderung gibt. Gleichwohl nimmt man diesen Titel als einer der wenigen Träger des DFB-Integrationspreises sehr ernst. Perspektivisch denken Vorstand und die AG Inter-Zukunft sogar über die Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft oder Stiftung nach. 

    Die anhaltende Corona-Pandemie verschärft die Herausforderungen für Vereine. Diese zu bewältigen, indem man das Ehrenamt einmal im Quartal lobt, wird nicht ausreichen. Ehrenamt kann nur so gute Dienste leisten, wie es die Bedingungen zulassen. Dazu gehören sowohl eine intakte Infrastruktur als auch ein kompetentes Hauptamt im Hintergrund. Wenn es dann noch gelänge, die Eltern stärker zur Mitarbeit zu motivieren, würde ein weiterer wichtiger Schritt gemacht. Auch daran arbeitet der FC Internationale – in Zusammenarbeit mit einer hauptamtlichen Expertin für Elternarbeit. 

    Auskünfte: 

    Gerd Thomas

    gerd.thomas@fc-inter.de

    Tel. 0171 – 784 94 13

  • Kanu Verband NRW: Jeder Verein sollte sich zumindest mit Hauptamt beschäftigt haben

    Vor dem anstehenden Webinar mit dem Kanu Verband NRW beantwortet Geschäftsführer Jens Lüthge uns einige Fragen. 

    Jens Lüthge ist seit Februar 2020 Geschäftsführer des Kanu-Verbandes NRW e.V. Der Diplom-Sportwissenschaftler hat 2004 seinen Abschluss an der Deutschen Sporthochschule Köln mit dem Schwerpunkt „Sportmanagement“ gemacht und vor seiner Tätigkeit beim Landesfachverband als Sportmarketing und Sponsoringberater in einer führenden deutschen Mediaagenturgruppe tätig. Dort hat er zahlreiche Unternehmen wie z.B. Toyota Deutschland, Vodafone, Netflix oder die TUI beraten. Vor dem anstehenden Webinar mit dem Kanu Verband NRW beantwortet er uns einige Fragen. 

    Hallo Jens, wie schätzt du die aktuelle Situation eurer Vereine ein? 

    Momentan spielt Hauptamtlichkeit – abgesehen von Trainerstellen – keine große Rolle in unseren Vereinen. Dies liegt sicherlich daran, dass viele Vereine nicht die entsprechende Größe haben, oder auch denken, dass es gerade in einer Randsportart extrem schwer sein wird, Hauptamtlichkeit einzuführen. Es gibt in den Vereinen aber sicherlich einige Vorstände, die sich Gedanken über die zukünftige Vereinsentwicklung machen und für dieses Thema grundsätzlich offen sind.

    Was sind neben Corona die größten Herausforderungen für eure Vereine? 

    Herausforderungen bestehen in der Bewältigung der Tagesgeschäftes eines Vereins, bei schwindender Bereitschaft für ehrenamtliche Mitarbeit. Somit werden die personellen Ressourcen langfristig eher geringer. Gleichzeitig werden immer mehr und immer komplexere Anforderungen an die Vereine herangetragen. Neben gesellschaftlichen Entwicklungen wie Nachhaltigkeit oder Gleichberechtigung ist hier auch das Thema Digitalisierung zu nennen.  

    Wieso kann Hauptamt eine Bereicherung für Vereine sein? 

    Das Hauptamt könnte dafür sorgen, dass gerade zentrale und wichtigen Themen nicht aufgeschoben oder liegen gelassen werden. Dies können beispielsweise wichtige Bereiche wie Nachwuchsgewinnung oder etwa Sponsoring sein, die dann einen festen Ansprechpartner zugeordnet werden können. Entscheidend wir aber sein, dass Haupt- und Ehrenamt Hand in Hand arbeiten und als gemeinsames Ziel die Weiterentwicklung des Vereines haben. 

    Was erhofft ihr euch vom Webinar? 

    Wir erhoffen uns einen „offenen Austausch“ zu diesem Thema. Es muss nicht zwangsläufig für jeden Verein die beste Lösung sein, aber es bietet Chancen zur Weiterentwicklung. Daher sollte sich jeder Vereinsverantwortlicher, dem die Zukunft des Vereins am Herzen liegt, sich zumindest einmal mit dem Thema beschäftigt haben.

    Hier geht’s zur Anmeldung.

    Ihr möchtet sehen, welche Sprechstunden noch anstehen? Dann hier entlang.

  • FTSV Heckershausen: Wieso der Vorstand nun 1.000 „Überstunden“ weniger machen muss

    Ein Telefonat hier zwischendurch, eine Mail da… das läppert sich. Wir haben dann für uns gemerkt, dass wir rund 1000 „Überstunden“ haben, dir wir gerne anderweitig besetzen wollen. Das entspricht ungefähr einer Teilzeit-Stelle.

    Nach 20 Jahren in der Industrie war es für Tobias Henne Zeit, eine neue Herausforderung zu suchen. Schnell war für ihn klar: Er möchte gerne im Sport arbeiten. Im Interview mit Klubtalent erzählt er, welcher kleine Trick den Vorstand des FTSV Heckershausen von einer hauptamtlichen Stelle überzeugt hat, wie die Stelle schließlich geschaffen wurde und ob er es sich vorstellen kann, noch einmal in der Industrie zu arbeiten. 

    Hallo Tobias, du bist die erste hauptamtliche Person beim FTSV Heckershausen: Wie kam es dazu, dass der Verein jemanden einstellen wollte?

    Die Entwicklung dieser Idee habe ich sozusagen hautnah miterlebt. Ich bin seit fünf Jahren beim Verein aktiv. Angefangen habe ich dort als Trainer von Leichtathletik-Gruppen. Nach einem Jahr kam der Vorstand auf mich zu, ob ich mir vorstellen könnte, ebenfalls im Vorstand zu arbeiten. Dies ist eher ungewöhnlich, weil man normalerweise vorher einige Jahre im Verein arbeitet, aber eine Person ist aus dem Vorstand ausgeschieden und sie waren sehr zufrieden mit meiner Arbeit. Für mich war das Annehmen des Angebots Ehrensache. Das Thema Hauptamt kam schon relativ zu Beginn meiner Amtszeit auf und auch vorher hat sich der Verein schon damit beschäftigt. Wir sind nur fünf Vorstandsmitglieder, haben dafür aber Tonnen von Arbeit auf unseren Schreibtischen liegen. Es wurden bzw. werden auch immer mehr statt weniger Aufgaben, egal, ob bürokratischer, juristischer oder administrativer Natur. Alle im Vorstand waren sich daher einig, dass sie eigentlich gerne im Vorstand bleiben möchten, aber das Arbeitspensum so kaum mehr zu stemmen ist.

    Gab es einen entscheidenden Punkt, wo ihr gesagt habt: Jetzt machen wir es? 

    Eigentlich gab es da zwei. Zunächst haben wir angefangen, genau zu notieren, welche Aufgaben wir überhaupt erledigen und wie viel Zeit wir als Vorstand dafür investieren. Und wir wussten zwar, dass wir viel Zeit investieren, aber als wir das nochmal schwarz auf weiß gesehen haben, haben wir schon nicht schlecht gestaunt. Ein Telefonat hier zwischendurch, eine Mail da… das läppert sich. Wir haben dann für uns gemerkt, dass wir rund 1000 „Überstunden“ haben, dir wir gerne anderweitig besetzen wollen. Das entspricht ungefähr einer Teilzeit-Stelle.

    Und was war der zweite Punkt? 

    Der Landessportbund Hessen hat die Initiative „Starker Sport, starker Verein“ initiiert. Dort konnte man sich für eine Vereinsberatung bewerben und wir wurden als einer von 15 Vereinen ausgewählt. Gemeinsam mit einem Berater haben wir uns dann in vier Workshops intensiver mit unserem Verein auseinandergesetzt und ein Schwerpunktthema war natürlich das Hauptamt. In der Zeit haben wir dann den Mut gefasst, den Schritt zu wagen. 

    Wie seid ihr dann vorgegangen? 

    In einem ersten Schritt mussten wir die Satzung anpassen, so dass Hauptamt bei uns überhaupt möglich war. Dann haben wir einen Kosten- und Finanzierungsplan aufgestellt. Bei der nächsten Jahreshauptversammlung haben wir uns das offizielle Okay unserer Mitglieder eingeholt. Danach haben wir dann die Stelle offen ausgeschrieben und Vorstellungsgespräche geführt. Ich habe mich auch ganz offiziell auf die Stelle beworben und sie schließlich auch bekommen. Startschuss war der 1.3. dieses Jahrs. Vorher bin ich noch aus dem Vorstand ausgeschieden, weil bei uns eine solche Doppelfunktion aus leitendem Ehrenamt und Hauptamt nicht möglich ist. 

    Haben sich außer dir noch viele andere Personen auf die Stelle beworben? 

    Ehrlich gesagt, hatten wir zu Beginn Sorge, dass sich niemand bewirbt. Wir dachten, dass eine Teilzeit-Stelle sowie unsere Anforderungen vielleicht abschrecken könnten, aber das Gegenteil war der Fall. Wir hatten elf Bewerbungen, die breit gefächert waren. Von Personen aus der Gemeinde, die z.B. in der Gemeindeverwaltung gearbeitet haben bis hin zu Personen, die geografisch gar nicht hier in der Gegend verortet waren, sondern z.B. in Norddeutschland. Wir wollten aber eine Person, die schon regelmäßig vor Ort sein kann. Am Ende bin ich es dann geworden. 

    Was hat dich dazu bewogen, dich für die Stelle zu bewerben? 

    Hier muss ich ein wenig weiter ausholen. Eigentlich bin ich Vollblut Produktmanager in einer Solar-Firma gewesen und konnte dort bereits relativ jung Verantwortung übernehmen. Ich war 20 Jahre in der Industrie unterwegs und habe sowohl die positiven als auch negativen Seiten erlebt. Aber wenn man dann irgendwann 40 ist und die Hälfte des Jahres nicht Zuhause, sondern auf Geschäftsreise ist, fragt man sich irgendwann, ob es noch das richtige für einen ist. Das ist bei mir auch nicht über Nacht geschehen, sondern war ein Prozess über mehrere Jahre. Ich kam dann zu dem Entschluss, dass ich gerne einen neuen Weg einschlagen und mir eine für mich sinnstiftende Aufgaben suchen möchte. Damals war es aber noch komplett offen, was das für mich bedeutet. Es hätte z.B. auch ein Handwerksjob werden können. 

    Das Rennen hat aber dann der Sport gemacht? 

    Ja, ich bin selbst ein Vereinskind und war früher auch Leistungssportler im Triathlon. Ich habe mich dann dazu entschieden, mich selbstständig zu machen und eine Beratungsfirma zu gründen. Dort berate ich Menschen, die ein sportliches Ziel haben und dies umsetzen möchten, z.B. an einem IronMan teilzunehmen. Zuerst habe ich dann eine klassische Lizenz-Ausbildung zum Leichtathletik-Trainer gemacht. Im Anschluss daran habe ich eine Ausbildung zum Fitnesstrainer und Ernährungscoach absolviert, die ich als Master Personal Trainer abgeschlossen habe.

    Und wieso nun der Schwenk in Richtung Vereinsarbeit? 

    Leider kam wie so vielen auch meinem kleinen Unternehmen die Coronakrise dazwischen und von jetzt auf gleich sind meine Umsätze weggebrochen. Die Schwimmbäder hatten zu, es gab keine Sportveranstaltungen mehr und selbst 1 zu 1 Coachings waren nicht mehr erlaubt. Ein halbes Jahr habe ich das noch durchgehalten, mich dann aber entschieden, erst einmal einen Cut zu machen. Da ich das Glück habe, dass meine Frau maßgeblich zum Familienunterhalt beiträgt, konnte ich es mir erlauben, mir ein halbes Jahr eine Auszeit zu nehmen und mich nur noch auf das Vereinstraining zu konzentrieren. In dieser Zeit ergab sich dann die Stellenausschreibung des Vereins und ich hatte das Gefühl, dass das für mich eine gute Kombination sein kann. Auf der einen Seite einen sicheren Job zu haben, mit dem ich auch Renten- und Versicherungstechnisch abgedeckt bin, der mir aber gleichzeitig Spaß macht und auf der anderen Seite nebenberuflich doch noch Selbstständig zu sein. 

    War ein Rückgang in die Industrie auch nochmal eine Option für dich? 

    Ein Kollege hat mich das letztens auch gefragt und ich muss sagen: Im Moment kann ich mir das nur schwerlich vorstellen. 

    Was sind deine Aufgaben im Verein? 

    Meine Aufgaben sind sehr vielfältig. Das fängt damit an, dass Eltern mich anrufen und fragen, ob die Schuhe ihres Kindes irgendwo aufgetaucht sind, die vergessen wurden. Dass ist aber eher etwas, dass zwar dazugehört, was aber nicht meine tagesfüllende Aufgabe ist. 

    Ein Schwerpunkt ist unsere Finanzen. Außerdem bin überall dort zu finden, wo Vereinsmitglieder und Ehrenamtlich mich brauchen. Das kann dann z.B. auch projektbezogen sein. Ein Beispiel: Wir richten jedes Jahr zwei sehr große Laufveranstaltungen aus. Früher wurden die Events rein ehrenamtlich umgesetzt, doch nun konnte der Projektmanagement Teil an mich ausgelagert werden und die Arbeitspakete für die Ehrenamtlichen wurden deutlich humaner. 

    Eine weitere Aufgabe war auch die Digitalisierung des Vereins, u.a. in der Mitgliederverwaltung und dies den Mitgliedern zu erklären und nahe zu bringen. Wir haben außerdem für den ganzen Verein einheitliche Vereinsbekleidung angeschafft und vorab Sponsorengeldern eingeworben. Zudem waren dieses Jahr Fördergelder ein großes Thema – vom Ausfindig machen bis hin zur Beantragung.

    Kannst du hier ein Beispiel nennen, wofür ihr Fördergelder beantragt habt? 

    Wir planen den Neubau unseres Vereinsclubhauses. Offiziell gehört uns dieses nicht, sondern der Gemeinde. Im Vorfeld der Bundestagswahl hat unser politischer Vertreter in Berlin mehr als eine Millionen Euro an Bundesfördermittel für den Neubau eingeworben. Damit wir bzw. die Gemeinde das Geld aber wirklich bekommen, war ein offizieller Förderantrag notwendig, der viel Arbeit mit sich gebracht hat. Aber wir sind optimistisch, dass der Antrag bald auch offiziell durch ist und dann geht es in die Planungs- und Umsetzungsphase.  

    Du arbeitest mittlerweile seit knapp neun Monaten im Verein. Wie wird das Hauptamt bisher angenommen? 

    Der Vorstand ist natürlich sehr glücklich über die neu geschaffene Stelle, da sie nun deutlich entlastet werden. Man muss aber auch sagen, dass nicht von und jetzt auf gleich alles reibungslos funktioniert. Obwohl ich vorher selbst im Vorstand war, brauchte es erst einmal eine Findungsphase und die Zusammenarbeit musste sich entwickeln. Hier ist Vertrauen essenziell. Auch die Abteilungsleitungen sind sehr dankbar über die hauptamtliche Stelle, weil ich auch ihnen viel Arbeit abnehme. Bei den Mitgliedern ist es, glaube ich, so, dass es ihnen prinzipiell egal ist, ob jemand hauptamtlich im Verein arbeitet oder ehrenamtlich. Was ihnen aber nicht egal ist, ist die Qualität der Vereinsangebote, dass sich jemand um ihre Anliegen kümmert und das Angebote regelmäßig stattfinden. Und dass ist im Zusammenspiel von Hauptamt und Ehrenamt deutlich besser umzusetzen als rein ehrenamtlich.

    Wie finanziert sich deine Stelle? 

    Bevor wir uns überlegt haben, wie wir die Stelle finanzieren, haben wir uns zuerst die Frage gestellt, was die Person überhaupt verdienen soll. Wir hatten hier zunächst gar keine Vorstellung. Wir wussten nur, dass es mehr als Mindestlohn sein wird, aber dass es definitiv kein Industrie-Gehalt sein kann. Wir haben uns dann an dem Tarif-Gehalt von Mitarbeitenden in einem Landessportbund orientiert. Erst im nächsten Schritt haben wir uns dann überlegt, wie wir das finanzieren. Der Status Quo bei uns ist: Wir haben relativ niedrige Mitgliedsbeiträge, aber gute Einnahmen über unsere Veranstaltungen, über die wir die meisten unserer Kosten decken können. Trotzdem haben wir uns dazu entschieden, den Beitrag human anzuheben, haben das bei der Mitgliedsversammlung angesprochen und es gab keine Gegenstimmen, sondern im Gegenteil, viel Verständnis. Außerdem haben wir Geld während Corona eingespart, da einige Ausgaben nicht getätigt wurden. So können wir die Kosten für meine Stelle erst einmal decken. 

    Und was sind eure Pläne für die Zukunft?

    Natürlich wollen wir mehr Mitglieder gewinnen. Unser nächstes Ziel ist daher, neue Sportangebote zu schaffen. Außerdem haben wir gerade Gedankenspiele, wie wir verstärkt Synergien mit anderen Vereinen in der Gemeinde schaffen können. Nach einem Jahr reflektieren wir außerdem nochmal, wie wir mit meiner 20 Stunden Stelle hinkommen und ob wir da nochmal nachjustieren müssen.  

    Ihr möchtet auch eine hauptamtliche Stelle schaffen? Dann hier entlang.

  • Wieso der Leichtathletik-Verband Sachsen eine Sprechstunde zum Thema Hauptamt durchführt

    Der Leichtathletik-Verband Sachsen führt am 08. Dezember eine Sprechstunde zu Hauptamt im Verein gemeinsam mit Klubtalent durch

    Simon Schneider arbeitet seit 2018 in der Geschäftsstelle des Leichtathletik-Verbands Sachsen und ist dort für die Wettkampforganisation zuständig. Gemeinsam mit Klubtalent hat er nun eine digitale Sprechstunde zum Thema Hauptamt im Leichtathletik Verein angestoßen. Diese findet am 08. Dezember um 19 Uhr statt. Vorab stand er uns ein wenig Rede und Antwort. 

    Hallo Simon, wie ist in deinen Augen die aktuelle Situation vieler Leichtathletik Vereine im Verbandsgebiet?

    Wir beobachten in den letzten Jahren den Trend, dass immer mehr kleine Vereine verschwinden bzw. sich an größere Vereine angliedern. Zudem beklagen viele Vereinen einen Mitgliederschwund  vor allem im Kinder- und Jugendbereich, der durch Corona verstärkt wurde. Leider wird auch immer wieder deutlich, dass das Ehrenamt überlastet ist. 

    Gibt es weitere Herausforderungen? 

    Ja, leidet mangelt es oft an Übungsleiter*innen und Kampfrichter*innen und viele Vereine stehen vor der Herausforderung im Winter ausreichende Hallenkapazitäten zu bekommen.

    Kann Hauptamt eine Bereicherung für Leichtathletik Vereine sein?

    Die Aufgaben eines Vereins werden immer vielfältiger und alleine die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften wie Steuern, Datenschutz etc. sind für das Ehrenamt kaum zu leisten. Ein weiterer Vorteil ist, dass eine hauptamtliche Person sich intensiver um den Verein kümmern sowie mehr Zeit in eine bessere Außenwirkung investieren kann. Außerdem hat sie Person mehr Zeit sich fortzubilden. 

    Was erhofft ihr euch von dem Webinar?

    Wir glauben, dass es die Zukunft ist, dass Vereine mindestens eine hauptamtliche Stelle haben. Dadurch ist dann auch eine bessere, schnellere und intensivere Kommunikation möglich und wir als Verband profitieren davon, da z.B. die Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Vereinen leichter wird  

    Ihr wollt an der Sprechstunde teilnehmen? Dann schreibt uns eine Mail an lisa.steffny@klubtalent.org oder meldet euch direkt hier an.

    Hier geht’s zu weiteren Sprechstunden.

  • 4 Fragen an Carsten Matthias vom Bayerischen Tischtennis-Verband

    Ob und wie das Hauptamt in Vereinen positive Auswirkungen hat, interessiert uns als Verband und hoffentlich auch unsere Mitgliedsvereine.

    Seit 25 Jahren ist Carsten Matthias Geschäftsführer des Bayerischen Tischtennis-Verbands (BTTV) und kennt somit die Vereinslandschaft wie kein Zweiter. Gemeinsam mit dem restlichen Team der hauptamtlich besetzten Geschäftsstelle versucht er, den Mitgliedern möglichst professionelle Dienstleistungen zu bieten und sie dabei zu unterstützen, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie sich ebenfalls professionalisieren können. Daher veranstalten der BTTV und Klubtalent am Dienstag, den 23.11. um von 18 Uhr bis 19.30 Uhr eine digitale Sprechstunde zu dem Thema „Hauptamt im Tischtennisverein“. 

    Hallo Carsten, wie ist in deinen Augen die aktuelle Situation vieler Tischtennis Vereine im Verbandsgebiet?

    Unsere Mitglieder sind sehr heterogen aufgestellt: Die überwiegende Zahl ist als Abteilung in einem Mehrspartenverein tätig, nur ca. 10 % sind reine Tischtennis-Vereine. Wir haben eine Spanne vom „kleinen Dorfverein“ mit nur einer Mannschaft bis hin zu einer gut strukturierten Organisation mit vielen Angeboten für diverse Zielgruppen (Jugend, Erwachsene, Freizeit- und Wettkampfsport). Jeder Mitgliedsverein hat deshalb individuelle Herausforderungen, die teils finanzieller, teils struktureller Natur sind, wobei die Corona-Beschränkungen leider den seit einigen Jahren zu verzeichnenden, leicht stetigen Abwärtstrend bzgl. der Anzahl von Vereinen, Mannschaften und Personen mit Spielberechtigung beschleunigt haben. 

    Was sind neben Corona die größten Herausforderungen für (Tischtennis-) Vereine aktuell?

    Nach unseren Erkenntnissen beschäftigt unsere Mitgliedsvereine die Gewinnung/das Halten von Mitgliedern, die Führung der Abteilung/des Vereins, Probleme mit Hallenzeiten und insbesondere bei Mehrspartenvereinen die Akzeptanz der Sportart Tischtennis im Vergleich z.B. zum Fußball.

    Wieso kann Hauptamt eine Bereicherung für Sportvereine sein?

    Wenn sich die Vereinsmitglieder nicht selbst aktiv im Verein/in der Abteilung engagieren und quasi nur eine Dienstleistung des Vereins in Anspruch nehmen wollen, dann könnte eine hauptamtliche Begleitung zu einer Professionalisierung dieser Angebote führen; dies beginnt mit einem zuverlässigen, ausgebildeten Trainer und könnte sich bei Verwaltung/Organisation/Kommunikation fortsetzen. 

    Was erhofft ihr euch von dem Webinar?

    Der BTTV kommt mit dem Thema Hauptamtlichkeit in Sportorganisationen immer häufiger in Berührung. Bei unserem Spitzenverband gibt es Bestrebungen, eine hauptamtliche Führung einzurichten, im BTTV haben wir in etlichen Bereichen hauptamtliche Verantwortung installiert, und ob und wie das Hauptamt auch in Vereinen positive Auswirkungen haben kann, interessiert uns als Verband und hoffentlich auch unsere Mitgliedsvereine – wir sind gespannt auf das Webinar.

    Interessiert? Hier geht es zur Anmeldung!

    Hier geht es zu unseren anderen Sprechstunden.

  • Gastbeitrag in „Vereinsmeierei – Erfolgreich im Verein“

    Wir haben einen Gastbeitrag für den Blog „Vereinsmeierei – Erfolgreich im Verein“ verfasst.

    Diesmal haben wir keinen Beitrag für unser eigenes Magazin geschrieben, sondern durften für den Blog „Vereinsmeierei – Erfolgreich im Verein“ einen Gastbeitrag verfassen. 

    Thema: Die Vereine der Zukunft: Wie können Vereine den Spagat zwischen Tradition und Fortschritt schaffen und welchen Beitrag kann die Schaffung hauptamtlicher Vereinsmanagement-Stellen dazu leisten? 

    Hier geht’s zum Beitrag.

  • Wie sich Mitglieder in eurem Verein willkommen fühlen

    Der Sport bietet zwar die perfekten Rahmenbedingungen für integrative Maßnahmen, doch die Vereine müssen diese auch mit Leben füllen.

    Besonders Sportvereine gelten oft als Integrationsmotor unserer Gesellschaft. Sie stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt, dienen als Begegnungsstätte für Menschen verschiedener Herkunft und Kulturen, bieten Routine, schaffen Verständigung, bauen Vorurteile ab und vermitteln an die Mitglieder Werte wie Respekt, Teamgeist und Fair Play. 

    Doch oft gibt es für Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte mehr Barrieren, als es Vereinen bewusst ist. Denkt zum Beispiel mal an euren Mitgliedsantrag. Selbst Muttersprachler*innen müssen Sätze teilweise mehrmals lesen, bevor sie die Bedeutung der Worte vollständig erfassen. Oder an euer letztes Vereinsfest. Habt ihr abgefragt, worauf es zu achten gilt oder habt ihr den Grill mit Würstchen und Steaks vollgeworfen und in jeden Salat am besten noch Fleischwurst geschnitten? Und finden sich auf euren Social-Media-Kanälen vor allem Grußbotschaften zu christlichen Feiertagen? 

    Wie ihr seht: Der Sport bietet zwar die perfekten Rahmenbedingungen für integrative Maßnahmen, doch die Vereine müssen diese auch mit Leben füllen.

    Nachfolgend ein paar Beispiele, wie dies gelingen kann: 

    • Mitgliedsanträge in verschiedenen Sprachen / in einfacher Sprache verfassen 
    • Mentor*innen ausbilden, die neuen Mitgliedern vor allem in der Anfangszeit zur Seite stehen 
    • Einen interkulturellen Kalender erstellen 
    • Karteikarten mit den wichtigsten Vokabeln für das Vereinsleben und die Sportart gestalten
    • Bei Social Media nicht nur Posts zu christlichen Feiertagen veröffentlichen, sondern auch andere Religionen mitdenken 
    • Interkulturelle Begegnungen / Feste veranstalten 
    • Bei Festen auf entsprechende Essensangebote achten 
    • Schulungen zu interkulturellen Kompetenzen besuchen / sich weiterbilden 
    • Diverse(re) Besetzung von (Ehren)Ämtern fördern 

    All dies sind vergleichsweise kleinere Maßnahmen, die jedoch schon eine große Wirkung auf euren Verein haben können. Während einige Aktionen schnell umgesetzt sind, sind andere – wie die Gewinnung von Ehrenamtlichen – deutlich zeitintensiver. Und für alle gilt: Es braucht jemanden, der diese anstößt, koordiniert und umsetzt. Doch es lohnt sich, denn euer Verein kann so nicht nur mehr Mitglieder gewinnen und sich so entsprechend sportlich und finanziell besser aufstellen, sondern nutzt so auch sein integratives Potenzial besser und ihr zeigt zudem, dass ihr eure Mitglieder respektiert.